Kapitel 24
Der Auftrag
Manulah ging langsam und auf sehr leisen Sohlen. Mal ging er zehn
Schritte, wobei er auf jedes noch so kleine Hölzchen achten musste, das vor sich
auf dem Boden lag oder sich seinen Schritten in den Weg stellte,
um ja nicht draufzutreten und dieses verräterische
knackende Geräusch zu verursachen. Und mal ging er in die Hocke
und lauschte dem Geschehen um sich herum. Konnte er nichts hören,
ging das gleiche Spielchen wieder von vorne los. Dies tat er
so lange, bis er sich absolut sicher war, kurz vor den feindlichen
Stellungen zu sein. Manulah ging erneut in die Hockstellung und
harrte kurz der Dinge. Regungslos und in voller Konzentration
lauschte er dem Treiben hinter den Linien der Nohkui. Dann legte
er seinen Rucksack ab, also vor sich, und öffnete ihn. Er griff
hinein und holte sich ein kleines Döschen heraus, das fettigen
Tran enthielt und den Duft der Nohkui wiedergab, und schmierte sich
etwas ins Gesicht und auf seine Handrücken.
Wow, ist das ein Gestank, nicht zum Aushalten, dieses Zeug, dachte sich
noch Manulah, während er würgend schlucken musste,
weiterhin jedoch hochkonzentriert seine Umgebung genau
belauschte. Anschließend verstaute er dieses übelriechende
Gel wieder in den Rucksack, wo sich auch der Behälter mit dem
Strahlenmagnet befand, schloss ihn und legte ihn wieder auf seinen
Rücken. Sofort ging er in die Schleichstellung über, wobei
er sich auf den Bauch legte und wie eine kleine Eidechse in Stellung,
förmlich in tiefste Stellung, überging und sich
krabbelend vorwärts bewegte. Wobei er genau wie in
aufrechter Haltung nach nur wenigen Metern innehielt und wiederum
seine Umgebung belauschte. Dies war nach seiner Meinung unvermeidbar,
da er ja während seiner Fortbewegung nicht allzuviel in seinem
Lauschbereich wahrnehmen, bzw. hören konnte. Schließlich,
nach einigen Minuten, konnte er so zirka acht Meter vor sich schon eine
Teilbegrenzung, also eine der Stellungsbegrenzungen der Nohkui
sehen. Diese Hindernisse, die jeden Feind, natürlich aus der
Sicht der Nohkui, hätten fernhalten sollen, bestanden aus
Metall-Latten, die in etwa zwanzig Zentimeter Abstand zueinander
hatten und ragten fast zwei Meter senkrecht nach oben, wobei sie fest im
Erdreich verankert waren. Manulah hielt sich dabei noch immer
mucksmäuschenstill, um die Lage besser einschätzen zu
können. Es folgte ein kurzes Aufhorchen. Plötzlich konnte
er ein Geräusch vor sich hinter der Stellung, also im Bereich
der Nohkui wahrnehmen.
Verdammt, das sind bestimmt Nohkui. Die Wachposten, jetzt nur nicht bewegen,
dachte er sich.
Die Nohkui hatten ein unwahrscheinlich gutes Gehör. Selbst aus fünf bis
sieben Metern, konnten sie eine schwer atmende Person wahrnehmen, und man
stelle sich erst einmal vor, wenn sich jemand in diesem Bereich
bewegen würde. Und tatsächlich konnte Manulah durch die
Zwischenräume der Metall-Latten hindurchsehen und
erkannte so zwei Nohkui, die anscheinend diesen Metalllattenzaun
entlang gingen und kontrollieren mussten. Bis aufs Höchste angespannt
verharrte Manulah regungslos wie eine Statue auf dem Bauch liegend,
als wollte er gerade ein Nickerchen machen. Nach einer gewissen Zeit
waren die Nohkui außer Sicht-, Hör- und Reichweite. Jetzt
war der Augenblick gekommen, an dem er handeln musste. Denn eines war
er sich sicher, dass diese zwei wieder zurückkommen würden.
Er konnte nicht riskieren, noch länger zu warten.
Jetzt oder nie, dachte sich Manulah. Dann stand er auf und rannte was das
Zeug hielt die acht Meter leichtfüßig auf den
Metalllattenzaun zu und sprang gewandt wie eine Katze mit einem Satz
hoch. Leicht, und eins mit den Gegebenheiten, griff er sich die
Oberste Latte mit beiden Händen, zog sich hoch, wuchtete mit
einem Schwung sein rechtes Bein ebenfalls auf die oberste Latte,
zog sich nun ganz hoch und ließ sich auf die andere feindliche
Seite herunterplumpsen, wobei er aber in gekonnter und
akrobatischer Manier wieder auf seinen Beinen aufkam.
Unmittelbar folgte eine Rolle nach vorn und, schwupps,
landete er im nächstgelegenem Gebüsch, das sich vor
ihm in etwa drei Metern Entfernung befand. Zwar außer Puste,
dennoch zufrieden mit sich selbst, spitzte er durch das Gestrüpp
und sah ungefähr fünfzig Meter vor sich auf einem aus Holz erbauten
Gestell, welches ca. 1,50 m hoch war, diesen Detonator, den die
Nohkui dort deponiert hatten. Für einen Augenblick hielt Manulah inne.
Ich muss aufpassen, dachte sich Manulah. Ruhig und gelassen verhielt er sich
in seinem Versteck aus wild herausgewachsenem Gestrüpp. Doch was
ihn am meisten wunderte, war die Tatsache, dass sich kein einziger
Nohkui in der Nähe des Detonators aufhielt.
Mann, die müssen sich ganz schön sicher fühlen, wenn sie
diesen Detonator so unbewacht lassen. Gefällt mir irgendwie
nicht. Gefällt mir gar nicht, dachte er sich.
Manulah hatte ein ungutes Gefühl. War es vielleicht doch eine Falle?
Erwarteten die Nohkui vielleicht schon jemanden aus seinen Reihen?
Trotz dieser Vermutung drängte die Zeit. Auf feindlichem Gebiet
war er ja nun bereits und der Ionenplasmareaktionsdetonator befand
sich praktisch zum Greifen nahe. Krampfhaft überlegte er, wie er
am besten feststellen konnte, ob die Nohkui irgendwo in der Nähe
des Detonators auf der Lauer lagen. So sah er sich in seinem
Versteck ein bisschen um. Nach kurzer Zeit fand er hinter sich
einen etwas größeren Stock. Doch dieser war zu
leicht, als dass er ihn diese fünfzig Meter weit hätte schleudern
können. Nach intensivem Suchen fand er endlich einen geeigneten
Stock, der noch nicht morsch war. Innerhalb dieses Verstecks, so war
er sich im Klaren, konnte er nicht so weit ausholen, dass der Stock
bis hin zum Detonators geflogen wäre. Es blieb ihm
also nichts anderes übrig, als kurz aus seinem Versteck hervorzukriechen,
um dann zu einem wuchtigen
Wurf auszuholen. Ihm war klar, dass dies sehr riskant ist und er
unter Umständen entdeckt werden könnte, doch was blieb ihm
übrig. Er musste einfach herausfinden, ob sich die Nohkui in der
Nähe des Detonators versteckt hielten. Langsam und äußerst
vorsichtig kroch er aus dem Gesträuch, um sich wenigstens in
seiner Nähe nach Nohkui umzusehen. Doch nichts dergleichen
konnte er ausfindig machen. Es folgte ein kurzes und tiefes Einatmen.
So, jetzt oder nie, dachte er sich. Mit einem Satz schoss er buchstäblich
aus seinem Versteck, in seiner rechten Hand den schweren Stock und
holte zum Wurf aus. Kaum ließ er im vollen Schwung den Stock
los, sprang er wieder mit einem Hechtsprung in sein Versteck. Sehen
konnte er nicht, ob der Stock auch dahin flog, wo er gezielt hatte.
Doch hören konnte er, dass der Stock zumindest laut krachend
auf das hölzerne Gestell knallte, auf dem der Detonator
abgelegt und vermutlich befestigt und gesichert war. Manulah
wagte kaum zu atmen. Er hatte Angst, irgendein Geräusch
seitens der Nohkui, die sich vielleicht irgendwo in der Nähe
versteckt hielten, zu überhören. Er horchte auf. Doch es
folgte keinerlei Reaktion, keinerlei Gegenwirkung seitens der
Nohkui. Er überlegte und beschloss, noch etwas zu warten. Er gab
sich selbst eine Frist von exakt fünf Minuten. Wenn er bis dahin
noch immer keinen Nohkui entdecken konnte, würde er, mag da
kommen was da wolle, einfach in schnellen Schritten zum Detonator
hinübersprinten, den Strahlenmagneten ungefähr in der
Mitte des Detonators, unterhalb auf der metallenen Außenhaut, wo
sich der Zündschaltkreis befand, anbringen. Da der
Strahlenmagnet durch seine Strahlen zudem alles Metall anzieht,
brauchte Manulah keinerlei Hilfsmittel zum Befestigen des Magneten
an dem Detonator, da er wie von alleine an der Außenhülle
haften bliebe. Drei Minuten waren schon vergangen und nichts war zu
hören oder gar zu sehen. Er lag auf dem Bauch zwischen
kratzenden und stechenden Dornen, die sich in seiner schwarzen und
engen Kleidung, förmlich wie Kletten festkrallten. Die fünf
Minuten waren nun bis auf wenige Sekunden abgelaufen und Manulah ging
in die Hocke, befreite sich von dem mit Dornen bespickten Gestrüpp
und wollte gerade losrennen. Halt, plötzlich vernahm er ein
Geräusch, begleitet von Stimmen, die er aber nicht verstehen
konnte. Was aber für ihn nicht zählte. Im Nu ging er wieder
in die Liegestellung über und senkte, so tief es ihm nur möglich war,
seinen Kopf. Denn der feindliche Grenzweg verlief vielleicht nur
einen Meter von ihm, also auch vom Gebüsch entfernt. Sein
Herz raste. Er versuchte das Atmen so zu kontrollieren, dass selbst
er es nicht hören konnte. Angst machte sich in ihm breit, was
ihn noch vorsichtiger werden ließ. War er nun entdeckt
worden? Oder waren es diese zwei Nohkui, die schon vor Minuten hier
vorbeikamen. Manulah rührte sich keinen Deut. Er vernahm die
schleifenden Schritte dieser beiden Bestien. Sie hörten sich
nicht wie die Schritte von den Apaloss, seinen Volk, oder den
Goderijaner an, da sie andere Fußformen hatten. Ihre Schritte,
also ihre Fortbewegung hörte sich eher wie ein Schleifen,
vermischt mit leichten Getrabe an. Es war soweit. Er konnte ihre
insektenartigen Füße aus seinem linken Blickwinkel sehen.
Dann hielt er den Atem an. Während die beiden Nohkui gemächlich,
ja, nicht einmal den metallenen Lattenzaun beobachtend immer näher
kamen. Mit einen Male blieben sie direkt neben dem Gestrüpp, in
dem Manulah sich versteckt hielt, stehen.
Verdammt! Jetzt haben sie mich doch entdeckt. Dachte er sich, innerlich Bebend.
Manulah machte sich innerlich zum Kampf bereit. Er lag zwar auf dem Bauch,
doch sein linkes Bein an sich heranzuziehen, um seinen kleinen
Fünfzehn-Zentimeter-Faserdolch aus dem linken Stiefel zu ziehen, reichte es
allemal. Instinktiv wusste er, dass er gegen diese beiden Nohkui
keinerlei Chancen hatte. Doch, ohne sich zu wehren, würde er sich
nicht töten lassen. Einen dieser Bestien wollte er zumindest
verletzen, wenn nicht gar töten. Von seiner linken Hand
wechselte er den Faserdolch in die rechte. Krampfhaft und unter
großen Ängsten, umklammerte er den Faserdolch so fest er
konnte in seiner rechten Hand.
Doch es folgte nur ein Zischen und ein Wirrwarr an Worten, die er
natürlich nicht verstand. Manulah blieb fast das Herz stehen
und er ärgerte sich, dass er keinen dieser Dekitanoren (Übersetzungs- und Aufzeichnungsgerät)
mitgenommen hatte.
Vielleicht hätte er ja was Nützliches für seinen
Kommandanten in Erfahrung bringen können. Doch alles innerliche
Jammern half ihm auch nicht weiter. Er hatte sein Ziel vor Augen. Aus
all seinen Aufträgen ging er stets erfolgreich hervor
und das sollte sich auch an diesem Tage nicht ändern. Er war
sich bewusst, dass dieser Auftrag einer seiner gefährlichsten
sein würde. Koste es was es wolle, er würde niemals
aufgeben. So langsam konnte er keine Geräusche oder gar Stimmen
von den beiden Nohkui mehr hören. Also ging er wieder in
die Hockstellung über, um sich so weit wie nur irgend möglich
hinauszubeugen, so dass er einen großen Teil des Grenzweges
rechts von sich überblicken konnte. Weit, weit hinten bewegten
sich die Nohkui nun, bis sie an eine Biegung kamen und gänzlich
verschwanden. Das war für ihn die Gelegenheit, auf die er
gewartet hatte. Er war sich nämlich sicher, dass diese beiden nach
gewisser Zeit wieder zurückkommen würden. Und genau in
dieser Zeit musste der Auftrag erledigt sein. Manulah raffte allen
Mut zusammen, legte den Rucksack ab, öffnete ihn und holte den
Strahlenmagnetenbehälter heraus. Sogleich öffnete er diesen
Behälter und entnahm diesen Magneten. Als nächstes
krabbelte er aus dem Gebüsch und richte sich auf. Noch eben in
panische Angst und im nächsten Augenblick stellte er sich doch
tatsächlich rotzfrech vor dem Gebüsch ins Freie, mit dem
Strahlenmagneten in seiner Linken Hand.
Na dann, dachte er sich. Atmete ganz tief durch und begann zu rennen,
als wäre der leibhaftige Teufel hinter ihm her. Wie wir bereits
wissen, musste Manulah zirka fünfzig Meter bis zu diesem Gestell laufen,
worauf sich ja der Ionenplasmareaktionsdetonator in etwa 1,50 Meter
Höhe befand. Er rannte, was das Zeug hält. Er hatte keine
Zeit, sich nach weiteren Nohkui, die sich vielleicht in der Nähe
aufhielten, umzusehen. Ja, er setzte alles auf eine Karte. Es gab nun
für ihn, kein Wenn oder Aber mehr. Mach das Ding, so sagte sein
Kommandant. Ja er wollte mit all seiner körperlichen und
geistigen Kraft diesen Auftrag erledigen und wenn es sein Leben
kosten würde.
Es war soweit: Manulah kam an dem Gerüst an. Bis dahin ging es ja
gut. Er kroch in das Geflecht des Gerüstes hinein und konnte
sich innen gleich aufrichten. Einen Vorteil hatte er nun, er
brauchte nur noch seine Arme auszustrecken und den Magneten
anzudocken. Er stand nämlich genau unter dem Detonator. Was er
auch gleich in die Tat umsetzte. Mit beiden Händen hob er den
Strahlenmagneten an und dockte ihn genau dort an, wo der
Zündschaltkreis laut Kommandant Zortekan sich befinden sollte.
Geschafft, dachte er sich. Anschließend kroch er wieder aus dem Gerüst
heraus ging wieder in die Hocke, hielt kurz nach dem Feind Ausschau
und rannte wie von einer Tarantel gestochen den gleichen Weg, den er
gekommen war, zurück in das Gebüsch. Völlig
verschwitzt und außer Atem verblieb er nun eine zeitlang, um
sich kurz zu erholen und wieder Kräfte zu sammeln. Als er sich
wieder einigermaßen erholt hatte, schlich er sich wieder auf die
Seite des Gesträuchs, von wo er den Grenzweg nach beiden Seiten
überblicken konnte. Nichts war von den beiden Nohkui zu sehen.
Eigentlich wären die beiden längst wieder fällig und
müssten wieder an Manulah vorbeikommen. Doch so sehr
auch Manulah auf den Grenzweg nach ihnen Ausschau hielt, konnte er
sie nicht entdecken. Er wusste, dass er nur noch über den
Grenzweg und hinüber über den metallenen Lattenzaun zu
klettern hatte und es war vollbracht. Doch wollte er nun nicht noch
mehr riskieren. Also vergewisserte er sich lieber noch einmal und
hielt erneut Ausschau nach den beiden Nohkuis. Doch nichts und
niemanden konnte er entdecken. Also beschloss er, es zu wagen.
Hoffentlich entdeckt mich so kurz vor dem Ende niemand, dachte er sich noch
leicht aufgeregt. Dann nahm er noch einmal seinen gesamten Mut
zusammen und rannte, ja sprang fast, wie, ja fast wie eine Raubkatze
mit zwei mächtigen Sätzen in Richtung des Lattenzaunes
und ergriff die oberste Latte, zog sich genau wie vorher schon mal,
hoch. Ein letzter Sprung, und er landete geschickt auf seinen Füßen.
Sofort ging er wieder in die Hockstellung und horchte auf. Doch
wiederum konnte er nichts vernehmen. Im nächsten Augenblick und
wie ein geölter Blitz rannte er ein kleines Stück in
Richtung seiner eigenen Stellungen, die sich ungefähr zwei
Kilometer von ihm entfernt befanden. Es folgte ein Hechtsprung auf den Boden.
Sofort kroch und rollte er sich hinter einen Busch und harrte erst
einmal aus. Dann folgte wieder ein Aufhorchen. Doch noch immer war
alles ruhig.
Hätte nicht gedacht, dass ich so schnell rein und wieder raus komme. Meine
Güte, sind die Nohkui so was von sich überzeugt, dass sie
es nicht einmal für nötig halten, ihre mächtigste
Waffe, die vielleicht ihren Sieg hätte bedeuten können, zu
bewachen. So was von arrogant und von sich selbst überzeugt.
Na ja, ich muss schleunigst machen, dass ich hier verschwinde und sehen,
dass ich in unser eigenes Gebiet komme, dachte er sich noch.
Manulah kroch noch eine Weile wie eine Eidechse, zumindest so lange, bis er
von den Nohkui nicht mehr gesehen werden konnte, in Richtung seiner
Stellungen. Im nächsten Moment stand er auf und ging ganz
gemächlich und äußerst zufrieden mit sich selbst
seines Weges. Und wie er so ging, dachte er noch, was er doch für
ein pfiffiges Kerlchen ist und musste anschließend wegen seines
Selbstlobes herzlich lachen.
*
Zur Gleichen Zeit:
Wie versprochen nahm Kommandant Zortekan, nachdem er
Manulah in die feindlichen Stellungen schickte, Kontakt mit
Kommandeur Miwar auf. Dabei besprachen beide die genaue Lage. Sie
waren sich beiderseitig einig dass, wenn Obergefreiter Manulah seinen
Auftrag tatsächlich erfüllte, sie dann eine reale Chance
hätten, diese Nohkui in einem effektiven Entscheidungsschlag zu
vernichten. Zortekan stand längst wieder bei einem seiner
Beobachtungsposten, die sich auf den Dächern sämtlicher
Transporter verschanzt hatten und spähte nach seinem Schützling.
»Und, Posten sechs, sehen Sie etwas?«, fragte er ihn, mit großer Sorge.
»Leider nein, Herr Kommandant.«, erwiderte dieser.
»Hoffentlich schafft er es, den Strahlenmagneten an dem Detonator anzubringen. Und
hoffentlich kommt er wieder heil und gesund zurück.
Beobachtungsposten, machen sie mir sofort Meldung, wenn sie ihn zu
Gesicht bekommen, ist das klar?«, befahl er den
Beobachtungsposten murrend.
»Natürlich, Herr Kommandant.«, erwiderte er gehorsam.
Zortekan wollte gerade die Stufen vom Transporter heruntergehen, da meldete,
und das nicht gerade leise, sein Beobachtungsposten Nummer sechs, dass er
jemanden durch sein Sichtgerät entdeckt hatte. Sofort kehrte
Zortekan mit einem schwungvollen und gekonnten Dreh um und sauste die
Stufen nach oben, als gäbe es dort etwas umsonst. Mit einem
Griff entriss er dem Posten sein Sichtgerät und begutachtete die
gesamte vor ihm liegende Gegend. Und tatsächlich, eine
Gestalt kam direkt auf sie zu.
»Und, Herr Kommandant, ist es Manulah?«, fragte er neugierig seinen
Kommandanten dringlich.
»Kann ich noch nicht sagen, diese scheiß Technik, wenn man sie mal
wirklich dringend braucht, taugt sie nichts. Dann aber bekam er
endlich diese Person deutlicher zu sehen.
Dieser verflixte Bengel, dieser Gauner, der hat es doch tatsächlich
geschafft! Ich bin mir sogar sicher, dass er es geschafft hat!«,
gab Zortekan freudig an.
»Was macht Sie da so sicher, Herr Kommandant?«, fragte sein Posten
ihn.
»Na, weil er ein Lächeln zu seinem Besten gibt. Darum bin ich mir
sicher. Würden sie lächeln, wenn sie einen enorm wichtigen
Auftrag erhielten und ihn nicht ausführen konnten?«, eine
kluge Frage, die da Zortekan seinem Beobachtungsposten mit der Nummer sechs stellte.
»Sicherlich nicht, Herr Kommandant.«, erwiderte dieser sehr smart.
»Na, sehen Sie. Mann, wie abgebrüht muss man denn sein, um in einem
Feindgebiet einfach so mir nichts dir nichts ganz lässig
spazieren zu gehen?«, schlussfolgerte der Beobachtungsposten
mit der Nummer sechs.
»Glauben Sie mir, junger Mann, das hat mit 'abgebrüht' nichts zu tun.«,
stellte Zortekan fest.
»Na, ich weiß nicht, wonach sieht es denn dann aus, was Manulah da
veranstaltet?«, fragte der Beobachtungsposten.
»Das mein Bester, sieht für mich nach einem professionellen Verhalten
aus. Der Mann da unten weiß genau, ab wann er in die tiefste Gangart
übergehen muss. Und wenn dieser Mann da unten in oder außerhalb
des vor ihm liegenden Feindgebietes aufrecht geht, dann nur
deswegen, weil er schon vorher die Gegend, in der er sich bewegt,
erkundet hat. Das, mein Lieber, schreiben Sie sich am besten hinter
die Ohren und jetzt möchte ich keinen Mucks mehr von Ihnen
hören. Dieser Mann da unten hat für uns alle sein Leben
riskiert. Ich bitte mir mehr Respekt ihm gegenüber aus!«,
rügte er den Posten, der nun sprichwörtlich und plötzlich
sehr kleinlaut wurde.
»Verzeihen Sie mir bitte, mein Kommandant, es war von mir nicht so gemeint.«,
entschuldigte sich der Posten mit der Nummer sechs.
»Ach, schon gut, vergessen Sie's.«, vergab er ihm.
Gespannt warteten beide, der Posten und Kommandant Zortekan auf Manulah, der
jeden Moment kommen musste. Dann war es soweit: Langsam aber dennoch
wachsam und stetig schleppte sich Manulah die Eisentreppen hoch.
Kommandant Zortekan freute sich wie ein kleines Kind, das das
Christkind erwartet. Mit seinen himmelblauen Augen sah er seinen
Schützling an, als wolle er alleine durch seine Gedanken
sämtliche Informationen aus ihm heraussaugen. Was natürlich von
vorne herein zum Scheitern verurteilt war. Also blieb Zortekan nichts
anderes übrig, als zu warten. Manulah ging in Spalier über
und machte seine Meldung.
»Melde mich gehorsamst zurück. Auftrag ist ausgeführt.«,
meldete er.
»Ich wusste es, ich wusste es. Mein lieber Manulah. Du bist der Beste,
nein du bist ein Genius, ein Genie.«
Kommandant Zortekan konnte sich kaum beruhigen, so sehr war er von ihm angetan.
»Aber, aber, Herr Kommandant. Ich tat doch nur meine Pflicht.«,
erwiderte und wunderte sich Manulah.
»Ja, wissen Sie denn nicht, was Sie uns allen mit ihrem Erfolg ermöglicht
haben? Wir haben nun eine reale Chance, den Krieg mit einem Schlage
zu gewinnen. Begreifen Sie nicht die Tragweite ihres Erfolges. Und
wenn wir durch Ihren Einsatz und Erfolg den Krieg für uns
entscheiden, wie viele Leben und zudem, wie viele Welten sie damit
gerettet haben?«, wahre Worte, die da der Kommandant sprach.
»Ehrlich gesagt, Herr Kommandant, habe ich mir keine Gedanken darüber
gemacht.«, gab er zu verstehen.
»Na, hör sich das einer an, bescheiden ist er auch noch. Nun gut,
sei es drum. Stehen Sie gerade, Obergefreiter Manulah.«, befahl
der Kommandant nun ganz ernst geworden, worüber sich Manulah
keinen Reim daraus machen konnte.
Na, egal, dachte er sich, kann ja nichts schaden.
So ging er in Spalier über.
»Ich als Kommandant, mit der Befugnis, ernenne Sie mit sofortiger Wirkung
zum Leutnant. Rühren sie sich, Leutnant Manulah.«, dann
ging der Kommandant einen Schritt vor und reichte Manulah die Hand,
die er kräftig zu schütteln wusste.
»Leutnant, ich?«, sein Schützling konnte es kaum fassen, übersprang
er doch gleich mehre Ränge auf einmal.
»Ich weiß, dass Sie als Leutnant einiges dazulernen müssen, doch das
können sie nach dem Krieg nachholen. Ich werde Sie intensiv
unterstützen. So, Herr Leutnant. Sie sind bestimmt sehr hungrig
und müde. Sie haben nun bis morgen früh so gegen acht Uhr
frei. Sie können nun wegtreten.«, befahl er seinem
Leutnant. Der natürlich gleich wieder in Spalier überging
und sich alsgleich auf den Weg zum Essenstransporter machte. Zortekan
sah ihm noch nach und war sichtlich stolz, in seiner Einheit einen
solch fähigen gewandten Krieger zu haben.
»Tja, Beobachtungsposten mit der Nummer sechs, wir bräuchten mehr Männer
dieses Schlages und wir hätten in der Vergangenheit einige
Kriege weniger verloren, bei denen so viele tapfere Krieger ihr Leben
lassen mussten. Na, Schwamm drüber. Und vergessen Sie nicht,
ihre Aufgabe hier ist genauso wichtig. Denn, wenn wir euch nicht
hätten, wären wir blind wie ein Nabbu (ein nachtaktives und
blindes Tier der Chasquiana vom Planeten Nartahu), also weitermachen,
Posten 6.«, wies Kommandant Zortekan an.
»Jawohl, wie Sie befehlen, mein Kommandant.«
Dann ging auch er in Spalier über.
Zortekan ging langsam, gemächlich und schleppend in Richtung des
Kommunikationstransporters, um sofort seinen Freund, Kommandeur Miwar,
zu kontaktieren bzw. ihm die frohe Kunde zu präsentieren. Er
ging hinein und klopfte dem Kommunikator auf die rechte Schulter und
bat um eine Verbindung mit Miwar, was natürlich sofort erledigt
wurde. So wartete Zortekan vor dem Bildschirm auf das Erscheinen
von Miwar. Natürlich blieb er nicht lange vor dem Schirm stehen.
Zortekan war kein sehr geduldiger Mann, so begann er, vor dem
Bildschirm hin und her zu gehen. Schließlich war es dann soweit
und Miwar erschien auf den Schirm:
»Wie ist die Lage, Zortekan? Ist dein Spion schon zurück und hat er
den Auftrag erfüllt oder nicht?« Fragen über
Fragen, die da Miwar stellte.
»Geduld, mein Freund, Geduld, ich werde dir alles berichten: Nun zu deiner
ersten Frage, Miwar. Ja, mein Spion, wie du es so schön zu
formulieren weißt, ist wieder zurück. Und zu deiner zweiten und
letzten Frage: Er hat seinen Auftrag zu einhundert Prozent erledigt.
Na, was sagst du nun, ich hatte dir doch gesagt, dass dieser Mann was
ganz besonderes ist und dass er ein Meister seines Faches ist.«,
berichtete Zortekan voller Stolz.
»Wau, weißt du, was das bedeutet, mein Bester?«, wies Miwar freudig
darauf hin.
»Und ob ich das weiß. Wir haben nun eine echte und reale Chance, diese
Mistviecher auszurotten, und das endgültig.«, gab er mit
einem machtgierigen Blick Miwar zu verstehen.
»Höre genau zu, Freund Zortekan: Nach unserem Gespräch werde ich
umgehend General Eltier kontaktieren und ihm die freudige Nachricht
persönlich berichten. In dieser neuen und guten
Situation denke ich, dass wir morgen so gegen 8 Uhr 30 angreifen und
alles was wir zu bieten haben, in dieses verdammte Nest von Nohkui
reinwerfen werden.«, berichtete Miwar.
»So gegen 8 Uhr 30? Also, warum so spät?«, eine hinweisdienliche
Frage, die er da stellte.
»Ja, ich weiß, dass es recht spät ist. Aber ich habe meine Gründe.
Zum Ersten möchte ich, dass unsere Truppen wenigstens ein paar
Stunden mehr an Schlaf bekommen, sie haben ihn, so denke ich,
verdammt nötig. Eine halbwegs ausgeschlafene Truppe nützt
uns mehr, als Truppen, die fast nicht mehr stehen können. Und
zum Zweiten, wenn die Nohkui mit einem Angriff rechnen, dann bestimmt
viel eher, als wir es morgen tun werden. Falls das mit dem Detonator
wieder einer ihre zahlreichen Tricks sein sollte. Wir können in
diesem Bezug nicht vorsichtig genug sein. Nichts gegen deinen Spion,
er hat seine Sache gut gemacht. Aber mittlerweile weiß doch ein
jeder, was ja auch die Vergangenheit bewiesen hat, dass die Nohkui
stets eine blutige Überraschung
parat hatten. Du pflichtest mir doch hinsichtlich dieser Erkenntnis
bei, nicht wahr, mein Freund?«, vergewisserte sich Miwar.
»Gewiss, Miwar, du hast ja Recht, wir können bei diesen Bastarden nicht
vorsichtig genug sein. Doch ich hoffe inständig, dass wir
unbedingt morgen früh und in der Zeit wie verabredet, endlich
die Entscheidungsschlacht führen können.«, hoffte
Zortekan inständig.
»Wir werden es erleben. Wir setzen alles auf eine Karte. Entweder
gewinnen wir diese letzte Schlacht, oder wir gehen mit ihr unter. Es
wird morgen keinen Rückzieher seitens unserer Kampfmaschinerien
oder gar den Bodentruppen geben. Zortekan, ich hatte vor kurzem ein
intensives Gespräch mit dem Heiligen Xarmax höchstpersönlich, du weißt ja, von dem
Volk der Goderijaner. Er erinnerte sich
an dich und das mit einem positiven Gedanken. Du hattest ja bereits
das Vergnügen, ihn persönlich kennenzulernen. Er, und das
solltest du wissen, hat die absolute Befehlsgewalt von den Vereinten
Planeten erhalten. Das heißt im Klartext, was er befiehlt, ist
Gesetz. Und der Heilige Xarmax, aber auch der Rat der Vereinten
Planeten, wünscht sich nun ein sehr baldiges Ende dieses
Konflikts. Er wünscht morgen eine endgültige
Entscheidungsschlacht, koste es, was es wolle. Er sagte mir auch, dass
sein Volk seit langer Zeit von einer unheimlichen Krankheit befallen
ist. Diese Krankheit schwäche zunehmends das Kollektiv. Er sagte
auch weiter, dass sich bereits jene Menschen in der Nähe unseres
Quadranten befinden, die eine in sich ruhende Macht besitzen und mit
dieser und seiner Macht er sich unbedingt vereinigen müsste und
das schon sehr bald. Nur so könnte endlich sein Volk, also das
gesamte Kollektiv, geheilt werden. Doch so lange die Nohkui nicht
vernichtet seien und stets die Gefahr auf einen
wiederkehrenden Angriff auf Goderijan besteht, wäre
es ihm unmöglich, diese letzte Hoffnung einer solchen drohenden
und realen Gefahr namens Nohkui auszusetzen und somit einen
todsicheren Untergang seiner Spezies zu riskieren. Wie du hören
kannst, Zortekan, morgen geht es nicht nur um uns, sondern auch um ein
ganzes Volk. Wir müssen morgen siegreich hervorgehen. Wir
müssen! Zortekan, was sagt dein Gefühl? Werden wir morgen
den Sieg über diese Bestien als den unseren verbuchen können?«,
fragte Miwar seinen Freund mit leicht feuchten Augen.
Einen Augenblick hielt Zortekan inne. Dann folgte eine Mimik seitens
Zortekans, die seinesgleichen suchte und hinsichtlich dieser
Frage keinerlei Worte mehr bedurfte. Miwar kannte die Antwort und lächelte
zurück.
»So, mein Bester, morgen früh um genau 8 Uhr 30 machst du deine Männer
kampfbereit und um genau 9 Uhr 15 wird General Eltier aus dem
Sicherheitsbereich alles was er hat auf die Stellungen der Nohkui
abwerfen. Wie schade, dass ich nicht dabei sein kann. Dennoch, mein
Bester, werde ich ein kleines bisschen mitwirken. Ich werde sämtliche
intakte Stellungen oder deren noch schussfähige Impulskanonen
von diesen Mistviechern mit meinen automatischen und selbstgesteuerten
DruckstreufaserImplosionskernen den Rest geben.«,
erklärte er.
Diese hochsensiblen automatischen selbstgesteuerten Druckstreufaser-Implosionskerne
suchen ihren Weg selbstständig, nachdem ihr Ziel vom Computer eingegeben
wurde. Dann Steuern sie genau auf den
Punkt zu. Jedoch werden diese Art von Geschosskernen nicht ihr Ziel
direkt anpeilen, so dass sie auf ihrem Ziel einschlagen und dann
implodieren. Sie bleiben, sobald sie ihr Ziel erkannt haben, ungefähr
auf einer Höhe von zirka 400 Metern stehen und entladen dann
viele kleine Faserimpulse und Implosionskerne, die in einer Höhe
von zirka 100 Metern gewaltig Implodieren. Die daraus entstehenden
Faserimpulsstrahlen verstreuen sich nun auf das Gesamtziel und
implodierten erneut, gefolgt von einer gewaltigen Explosion.
Danach könnt ihr einschreiten. Wenn wir alles niederdetoniert haben,
wirst du dich mit sämtlichen Bodentruppen zusammenschließen
und diesen Bestien den Rest geben. Ich befürchte aber, dass für
euch nicht viel übrigbleiben wird. Sollten noch einige von
diesen Ungeheuern herumirren, kennt ihr ja die vorgegebenen Regeln.
Wir machen bei dieser hochgradig gefährlichen Spezies
keine Gefangenen. Kein Mitleid wird gezeigt, auch nicht mit ihren
Jungen. Vergesst nicht die Vergangenheit. Wie so viele Welten und
deren arme Völker diese Mörderbande schon auf dem
Gewissen hat. Kein Mitleid. Das ist ein Befehl. Jeder der sich
diesem Befehl widersetzt und den Heiligen spielen will, den kannst du
gleich zu den Nohkui stellen und erschießen. Denkt daran, diese
Bestien brauchen keinen Partner, um sich zu vermehren. Also, sollte
nur einer von ihnen entkommen, geht nach einigen Monaten das gleiche
mörderische Spiel von vorne los. In nur zwei bis drei Jahren steht
wieder eine Armee von ihnen vor unseren Haustüren. Ich hoffe,
mein Freund, dass ich mich klar und deutlich ausgedrückt habe?«,
befehligte er.
»Oh ja, das war mehr als deutlich. Es wird Vorfälle dieser Art in
meiner Armee nicht geben. Doch will ich dir auch etwas mitgeben:
Wage es niemals wieder, mit mir in so einem Ton zu reden. Du hast
nicht irgendeinen Anfänger vor dir. Ich kenne meine
Aufgaben und nehme diese sehr ernst. Ich kenne meine Pflichten. Du
brauchst mich deswegen nicht zu belehren. Ich Hoffe, auch ich habe
mich klar und deutlich ausgedrückt, Freund Miwar?«,
konterte Zortekan, jedoch mit einem leichten Lächeln auf seinen
Lippen...
...Was Miwar bemerkte. Trotz alledem, das hat gesessen! Miwar wusste in
diesen Moment nicht, was er sagen sollte, so eine Reaktion kannte er
nur von Generälen, die sich meist ihrem Rang bewusst waren
und das natürlich zu nutzen wussten. Aber nicht von einem
Kommandanten. Dennoch, ihm gefiel Zortekans Courage. Vielmehr konnte
er ihn ja verstehen, dass er als Kommandant seine Stellung und
seinen Ruf zu wahren hatte. Ja, Miwar mochte diesen hartgesottenen
Chasquiana, der nach seiner eigenen Meinung einen der mutigsten
Verbündeten darstellte, den er je kennenlernen durfte. So
beschloss Miwar, Zortekan auf seine Art wieder zu beruhigen.
»Gut, mein Freund Zortekan, ich kapituliere. Lass von mir noch was übrig.
Ich hoffe, dass du mir das nicht übel nimmst? Ich habe, genau wie
du, zu wenig geschlafen, kaum etwas gegessen und dann der Kampf
morgen, das ist ein bisschen zu viel des Guten.«, gestand Miwar ein.
»Ach, Miwar, vergiss es, glaubst du, mir und meinen Männern geht es hier
anders? Ich war wohl auch etwas daneben. Wollen wir nicht unser
kleines Missverständnis beiseitelegen?«, fragte er.
»Klar, schon vergessen. Dann verbleiben wir so: Der Angriff findet also um
exakt 9 Uhr 15 statt. Wir bleiben dann solange in unseren Stellungen,
bis ihr das Feuer auf die Stellungen dieser Bastarde beendet habt.
Erst dann Rücken wir mit sämtlichen Truppen aus. Na, die
können was erleben. Ich werde mir einen dieser Biester schnappen
und ihn ausstopfen lassen.«, checkte er die Lage humorvoll.
Miwar musste nach dem Wort 'Ausstopfen' mal wieder herzhaft lachen.
»Also Zortekan, du bist mir ja einer. Morgen steht uns der Kampf des
Jahrtausends bevor, dass ich mir sprichwörtlich fast in die
Hosen vor Sorgen mache, und du, du bringst es doch tatsächlich
fertig, mich zum Lachen zu bringen, unglaublich, aber wahr. Nun, ich
hoffe, lieber Freund, dass ich es wenigstens noch meinen Nachkommen
erzählen kann.«, sagte Miwar etwas betrübt.
»Das wirst du, ja, das wirst du, mein Freund.«, gab er ihm Mut.
»Zortekan, ich hasse es, mich zu verabschieden, und ich denke, dir geht es auch
nicht anders. So wünsche ich dir und deinen Männern gutes
Gelingen. Macht sie fertig, Miwar, Ende.«
»Worauf du dich verlassen kannst. Zortekan, Ende.
Und beide verschwanden von den Schirmen.
*
Im Orbit auf dem Raumschiff Aloriha, wieder auf der Brücke:
Miwar ließ sich gerade eben, von seinen
Waffentechnikern, wie schon mit Kommandant Zortekan besprochen, die
verhehrenden automatischen selbstgesteuerten Druckstreufaser-Implosionskerne scharfmachen.
Sie werden in den noch
intakten Hangars bzw. in den riesigen Start- und Landehallen auf den
gesamten noch vorhandenen Flächen verteilt aufgestellt werden.
Per Computersignal, das Kommandeur Miwar von der Brücke aus
geben wird, starten diese Streufaser, selbstständig und unbemannt
und fliegen zu ihren angepeilten Zielen, programmiert und auf
vollständige und flächendeckende Zerstörung ausgelegt.
Miwar lief mal wieder die Brücke auf und ab.
»Mann, Magbur, diese ständige Warterei, die macht mich nochmal
wahnsinnig. Bis morgen früh vergehen noch etliche Stunden.«,
bemerkte er so ganz nebenbei.
»Ja, Herr Kommandeur, Sie haben Recht. Diese Warterei kann einen ganz
schon fertig machen.«, erwiderte er seinem Kommandeur.
Oberleutnant Magbur, überprüfen Sie mal unsere Abtastsensoren, ob in
ihrem Bereich irgendeine Anomalie gegeben ist.«, befahl er
seinen Oberleutnant. Der sich flink wie ein Wiesel geschwind über
sämtliche Überwachungsbildschirme hermachte.
»Melde Ihnen, Herr Kommandeur, gehorsamst, keine Anomalen oder dergleichen
festzustellen.«, erwiderte Magbur etwas aufgeregt.
»Na, wenigstens eine gute Nachricht am heutigen Tag. Tja, morgen geht es
um Alles oder Nichts. Genau um 9 Uhr 15 greift General Eltier mitsamt
seinen größeren Kampfgleitern die Stellungen der Nohkui
an. Hoffentlich macht er und sein Geleit ganze Arbeit.«, machte
sich Miwar Sorgen.
»Und wenn nicht, ich meine, wenn er versagt?«, fragte Magbur etwas
unsicher wirkend.
»Das kann ich dir schon sagen, Oberleutnant. Wenn Eltier wirklich versagt,
es ihm also nicht gelingen sollte, die Stellungen der Nohkui so weit
zu zerstören, dass diese Bestien trotz dieses Beschusses sich
noch in der Lage befinden, mit ihren Impulsfaserkanonen zu feuern,
sehe ich schwarz.«, erklärte Miwar seinem Oberleutnant sehr ernst.
»Wirklich?«, fragte Magbur kindlich.
»Nun, wie ich schon andeutete, dann können unsere Flottenverbände
einpacken und sich auf eine Niederlage vorbereiten.«,
bestätigte er seinem Oberleutnant.
»Ja, aber, was ist denn mit unsern Streufasern. Ich meine, die sind ja auch
nicht ganz ohne und haben eine enorme Sprengkraft und das
zudem auch noch flächendeckend. Oder etwa nicht, Herr
Kommandeur.«, erinnerte er.
»Sicher, Magbur, ich gebe ja zu, dass diese neuen Streufaser eine gute Wirkung
zeigen, zudem großen Schaden anrichten können. Dennoch,
ihre tatsächliche Sprengkraft ist eben nicht mit
Impulsfaserkanonen zu vergleichen. Klar, ich hätte ja diese
Streufaserkerne sowieso eingesetzt. Doch diente dies nur zur
Unterstützung unserer danach angreifenden Bodentruppen. Sie
sollten eigentlich nur noch den letzten der aufgeriebenen und
versprengten Nohkui den Rest gegeben. Jetzt stell dir mal diese
Katastrophe, dieses Desaster, dieses Dahin-Gemetzel vor, wenn unsere
Bodentruppen, statt nur ein paar Gruppen von Nohkui eben
eine noch zur hälfte intakt agierende und kampffähige Armee
von diesen Bastarden vorfinden. Ich würde auf keinen Fall meine
Bodentruppen verheizen lassen. Krieg hin und Nohkui her. Ich
schicke doch nicht tausende von Männern in den sicheren Tod.«,
erzählte er sehr ernst.
»Gewiss, mein Kommandeur. Das würden Sie niemals. Es liegt nun alles an
General Eltier, nicht wahr?«, fragte er nach.
»Ja, alles liegt nun an seiner Genialität, an seiner Strategie, Taktik und
schnellem Handeln. Möge er Morgen einmal mehr siegreich
hervorgehen.«, wünschte Miwar sich.
»Ist der Herr General ein guter Stratege?«, fragte Magbur
kleinlaut.
»Ja, er ist ein glänzender Stratege. Ich habe ihn schon einmal im
Kampfe erlebt. Ich jedenfalls wäre nicht gerne sein Gegner
gewesen.«, sagte Miwar offen und ehrlich.
»Na, dann brauchen wir uns ja eigentlich keine Sorgen zu machen. Oder
haben Herr Kommandeur ein ungutes Gefühl?«, fragte Magbur,
nun neugierig geworden, nach.
»Das ist es ja gerade, ich empfinde weder ein gutes, noch ein ungutes
Gefühl. Es ist zum Haare ausraufen. Ich bin es gewohnt, stets
im Kampfe dabei zu sein. Stattessen muss ich hier verweilen, mich
verkriechen wie ein stinkender Duwats (eine Art kleiner Käfer,
der bei Bedrängnis, ein übel riechendes Sekret auf seinen
Feind verspritzt), unglaublich. Es ist das erste Mal,
dass ich dieses Schiff hasse, das mich gefangenhält.«,
gab Miwar leicht erregt von sich.
»Herr Kommandeur, ich kann Sie gut verstehen. Aber bedenken Sie, dass
niemand hier an Bord dieses Schiff besser im Griff hat als Sie.«,
versuchte Magbur seinen Kommandeur zu beruhigen. Was ihm schließlich
gelang.
»Magbur, du hast wie meistens Recht und die Gabe, mich immer wieder aufs Neue
zu ermutigen. Dafür danke ich dir. Nun denn, Magbur. Du kannst
dir bis morgen früh um 6 Uhr frei nehmen. Tue in dieser Zeit, was
du möchtest. Und melde dich morgen pünktlich wieder zurück.
Wir haben noch genug Vorbereitungen zu treffen.«, sagte er mit
festem Ton.
»Wenn Sie es wünschen, mein Kommandeur, bleibe ich auch bei Ihnen hier
auf der Brücke.«, schlug ihm Magbur vor.
»Das ist zwar eine nette Geste von dir, aber diesmal war es ein Befehl.
Nun gehen Sie schon und vergnügen Sie sich etwas in der
raumschiffeigenen Bar, aber betrinke dich nicht zu sehr, ich brauche
dich morgen früh dringend in aller Frische. Ist das klar,
Oberleutnant Magbur?«, gab er in dekadenter und tiefer Stimme
zu verstehen.
»Jawohl, mein Kommandeur. Dann eben bis morgen früh. Ich werde pünktlich
um 6 Uhr zu den Vorbereitungen zurück sein. Dann ging mal
wieder Magbur in gekonnter Manier in Spalier über, drehte sich
um und ging mit stolzierenden Schritten aus der Kommandobrücke.
Außer den Überwachungselektronikern und eine kleine
Ärzteschaft, dem eigentliche Techniker, Navigatoren und zwei
Sicherheitsagenten, die sehr mit ihren Aufgaben beschäftigt
waren, befanden sich alle im Schlachtfeld. Er fühlte sich müde
und alleine gelassen und, was noch schlimmer war, nutzlos. Wie sollte es
anders sein, diente sein Kommandositz mal wieder als Schlafplatz.
Miwar schlief, völlig mit den Nerven herunter, ein.
Kapitel 24, Der Auftrag (Teil 2)
Anfang und Kapitelübersicht
© 2012 by Peter Althammer
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