Sagen und Legenden

Der Tod im Birnbaum

= Der Schmied von Jüterbog

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Der Tod im Birnbaum
In der kleinen Stadt Stadt Jüterbog in Brandenburg lebte einst ein Schmied, der sein Handwerk besser beherrschte, als alle Schmiede weit und breit. Er konnte das Eisen zu einem unverwüstlichen Stahl verarbeiten, weshalb er kaiserlicher Rüstmeister im Heer der Staufer-Kaisers Friedrich I. Barbarossa wurde, die Soldaten mit vorzüglichen Waffen versorgte, und schließlich mit dem Heer auf Kreuzzug über Wien und Ungarn bis Byzanz und Asien ging. Sie kamen siegreich bis nach Kleinarmenien, wo Kaiser Barbarossa bei einem Bad im Fluss Saleph (heute Göksu) ertrank (kein Märchen!). Vielleicht hatte er vergessen, vor dem Schwimmen die Rüstung und die Waffen abzulegen. Barbarossas Eingeweide wurden in Tarsos begraben, da man den Leichnam erst mal mit nehmen wollte. Unterwegs wurde schließlich der Rest von ihm gekocht, um sein Fleisch besser von den Knochen ablösen zu können, das man dann in Antiochia begrub. Sein Skelett hat man dann in der Kathedrale von Tyrus beigesetzt, von der allerdings nichts erhalten ist.

So übte der Schmied sein Handwerk weiter in seiner Heimat aus und es ging ihm nicht schlecht. Als er schon über hundert Jahre alt und ärmer geworden war, saß er einmal in seinem Garten unter einem alten Birnbaum, als ein kleines graues Männlein auf einem Esel geritten kam. Es ließ vom Schmied seinen Esel beschlagen und übernachtete bei ihm. Weil der Schmied keinerlei Gegenleistung verlangte, sagte das Männlein zu ihm, er habe drei Wünsche frei, aber beim Wünschen das Beste nicht vergessen.

Weil von seinem Birnbaum schon oft die Früchte gestohlen wurden, war sein erster Wunsch, dass keiner, der auf seinen Birnbaum gestiegen ist, ohne seine Erkaubnis wieder heruntenkommen kann. Um vor Dieben im Haus sicher zu sein, wünschte er sich, dass keiner ohne sein Einverständnis seine Stube betreten kann, es sei denn durch das Schlüsselloch. Vor dem letzten Wunsch warnte das Männlein »Vergiss das Beste nicht!« Da wünschte sich der Schmied, dass seine Schnapsflasche niemals leer werden sollte, weil das Beste ein guter Schnaps ist.

Das Männlein, das des Schmieds Schutzgeist war, gewährte ihm die Wünsche. Beim Hinausgehen strich das Männlein mit der Hand über einige Stangen Eisen und ritt weiter. Die Eisenstangen waren zu Silber geworden und der nie versiegende Schnaps zu einem Lebenselixier, das seine Gesundheit verbesserte und sein Leben verlängerte. Als dann schließlich doch der Tod anklopfte, tat der Schmied so, als würde er freiwillig mitgehen, bat ihn aber, ihm als Wegzehrung noch ein paar Birnen vom Birnbaum zu holen. Natürlich kam der Tod nicht mehr herunter und aß nach und nach sämtliche Birnen. Als diese alle verzehrt waren, fraß er sich vor lauter Hunger selbst auf. Es blieb fast nur noch das Skelett übrig. Aus lauter Not versprach der Tod dem Schmied, ihn für alle Zukunft in Ruhe zu lassen und ihn nicht zu holen.

Da ohne den Tod, der auf dem Birnbaum gefangen war, auf der ganzen Welt niemand mehr starb, nicht mal die Tiere, ließ der Schmied ihn frei, damit er auf der Welt aufräumen konnte. Ihm konnte er ja durch sein Versprechen nichts anhaben. Listig wie der Tod ist, schickte er aber den Teufel zum Schmied. Dieser roch schon von Weitem den Schwefelgestank. Mit Hilfe seiner Gesellen hielt er einen ledernen Sack vor's Schlüsselloch, fingen den Teufel und hämmerten auf dem Amboss mit schweren Hämmern auf ihn ein, bis er versprach, nie wiederzukommen.

Der Schmied lebte noch lange, aber als seine ganzen Freunde und Bekannten gestorben waren, wurde er des Lebens langsam überdrüssig. Er ging die Himmelsleiter hinauf und klopfte an die Himmelstür. Als Petrus öffnete, erkannte der Schmied in ihm seinen Schutzgeist von damals, der ihm die drei Wünsche gewährt hatte. Er verwehrte ihm den Einlass in den Himmel mit der Begründung, dass er damals vergessen hatte, sich das Beste zu wünschen: Die ewige Seligkeit! Daraufhin machte sich der Schmied auf in die Hölle, in die ein vielbegangener Weg führte. Der Teufel schlug ihm jedoch das Höllentor vor der Nase zu und löste Alarm aus.

Da er weder im Himmel noch in der Hölle unterkommen konnte, und es ihm auf der Erde nicht mehr gefiel, ging er zum Kyffhäuser-Gebirge, in dessen Innerem sein früherer Herr und Kaiser Barbarossa darauf wartete, dass die Raben nicht mehr um den Berg fliegen und auf dem Ratsfeld nahe dem Kyffhäuser ein alter, dürrer Birnbaum wieder ausschlägt. Dann könnte er mit seinem Heer eine endgültige Befreiungsschlacht schlagen, worauf alle endlich die ewige Ruhe finden könnten.

Wir wir alle wissen, ist das bis heute nicht passiert und so warten der Kaiser Barbarossa, der Schmied und das ganze Heer bis heute auf ihre Wiederkunft aus dem  Kyffhäuser …
Frei nacherzählt, © Erwin Purucker
Schon viele schrieben über den Tod im Birnbaum. Manchmal sitzt er auch in einem Apfelbaum. Am bekanntesten wurde das Volksmärchen wohl durch die Aufnahme in  Ludwig Bechsteins Deutsches Märchenbuch von 1845. Oskar Schwebel erwähnt es 1881 in seinen Wanderungen in der Mark Brandenburg. Die beschriebene Geschichte spielt jedoch im 12. Jahrhundert, denn der Kreuzzug, bei dem Kaiser Friedrich Barbarossa ertrank, war im Jahr 1190.

Auch Tricks, wie man den  Gevatter Tod überlistet, wurden vielfach beschrieben. Am bekanntesten ist wohl die Theaterfassung Der Brandner Kaspar und das ewige Leben, in welcher der Brandner Kaspar den Tod mit Obstler betrunken macht und ihm dann beim Kartenspiel zusätzliche Lebensjahre abnimmt, was natürlich die himmlische Ordnung durcheinanderbringt. Erst nach ein paar Jahren, nachdem ihm der Tod einen kurzen Blick ins Paradies gewährte und er dort seine Frau und einige seiner Kinder wiedersah, beschließt er oben zu bleiben.




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