Kapitel 18
Flucht vom Planeten Goderijan (Teil 2)
Und der Flug auf dem Mutterschiff Surenech ging zügig durch
den unendlichen und tiefschwarzen Raum, unentwegt und mit hoher
Geschwindigkeit, weiter.
In den Quartieren der Gruppe:
Norman war noch dabei, seine Kleidung sehr
sorgfältig in den Schrank zu verstauen. Er hasste
Unordendlichkeit, und er hasste es, frühmorgens jene Sachen
zusammenzusuchen, die er dringend brauchte. Er bereitete meistens
alles so perfekt vor, dass er quasi, wenn er morgens aus er Dusche
kam, einfach nur in seine Klamotten springen musste. Norman
hatte es nun mal gerne, wenn alles parat und griffbereit lag. Und
während er mit viel Geduld seine Hemden auf die Größe
eines Blattes Papier zusammenfaltete klopfte es an seiner Tür.
»Egal wer es ist, ich habe jetzt keine
Zeit.«, schrie Norman förmlich gegen die Tür.
»Doch dieser Kontrahent schien ziemlich
hartnäckig und zugleich lebensmüde zu sein. Denn dieses
nervtötende, ziemlich laute Geklopfe, das nun zu einem
Gepolter ausartete, brachte Norman fast zur Weißglut. Er
trampelte zur Tür und riss sie mit einem kräftigen Ruck
auf, so dass der ehrgeizige Kontrahent Norman sozusagen vor die
Füße fiel. Norman staunte nicht schlecht, als er diesen
Kontrahenten als einen Dogon und als seinen Freund Scha Bacheme Te,
genannt der Gutmütige, identifizierte.
»Schah Bacheme Te, du? Entschuldige
bitte.« Freudig fielen sich die beiden in die Arme.
»Mensch, Schah Bacheme Te, lass dich
anschauen. Du siehst prächtig aus. Na, wie ist es dir in der
Zwischenzeit ergangen?«, fragte Norman.
»Du meine Güte, bist du stürmisch.
Sag mal, begrüßt du eigentlich immer deine Freunde auf
diese Art?«, wollte der Gutmütige wissen.
»Äh... Nein, natürlich nicht.
Ich dachte, du wärst jemand aus der Gruppe. Manche von denen
können einem schon mächtig auf die Nerven gehen.«,
berichtete Norman seinem Freund.
»Na, das kann ich mir sehr gut
vorstellen, ihr kommt ja nicht oft aus dem Mutterschiff heraus, bis
auf die Reise auf den Planeten Sinas, und noch vor kurzem auf
Goderijan. Da kann einem schon mal die Sicherung durchbrennen. Na,
jedenfalls bin ich froh, dass mein Bitten, hier auf dem Mutterschiff
Dienst tun zu dürfen, nicht abgelehnt wurde.«, sagte der
Gutmütige.
»Aha, du weißt von Goderijan? Und wieso
sprichst du plötzlich so perfekt unsere Sprache?«,
fragte Norman.
»Um deine
erste Frage zu beantworten, ja ich weiß alles über
Goderijan, eine äußerst schreckliche Sache. Und zur
zweiten Frage, du solltest doch am besten wissen, dass wir
Goderijaner, oh entschuldige, dass wir Dogon um ein vielfaches
schneller lernen als so manche Spezies. Außerdem ist mein
Lieblingskurs die Sprachen der Menschen. Es gibt ja so viele
davon.«, erklärte Schah Bacheme Te, genannt der
Gutmütige.
»Aber sag mal, was führt dich
eigentlich zu mir?«, fragte Norman den Gutmütigen.
»Ach ja, das wäre mir fast
entfallen. Ich bin in den Dienst des Kommandanten Lyr gestellt worden,
also quasi sein Mädchen für alles oder sein Laufbursche,
na egal, du kannst dir eines davon aussuchen. Kommandant Lyr bittet
um ein für ihn sehr wichtiges und persönliches Gespräch
mit dir und Katja. Ich soll, wenn es recht ist, euch gleich in sein
Quartier bringen.«, berichtete der Gutmütige.
»Natürlich ist es mir recht. Weißt
du vielleicht, was er mit mir und Katja besprechen will?«,
fragte Norman Schah Bacheme Te.
»Nein, Norman, tut mir leid, Kommandant
Lyr hat mir gegenüber nichts angedeutet.«, antwortete
der Gutmütige.
»Na schön, dann werde ich mal Katja
holen gehen. Kannst ja gleich mit rüber zu ihr, okay?«,
sagte Norman.
»Gut, dann lass uns gehen.«,
willigte der Gutmütige ein.
Beide gingen zu Katjas Quartier, um ihr von der
Neuigkeit zu berichten. Auch hier war die Wiedersehensfreude sehr
groß. So gingen alle drei in Lyrs Quartier, das sich, wie
bereits bekannt, auf der gleichen Etage befand, wie der ihren. Schah
Bacheme Te klopfte zaghaft an Lyrs Quartier und wartete. Nach einem
kurzen Augenblick öffnete sich die Tür. Da stand er nun
in voller Größe und Mächtigkeit. Kommandant, alias
Lyr, Androide und Führer des so mächtig großen
Mutterschiffes Surenech.
»Wie schön, da seid ihr ja endlich,
meine Lieben. Tretet ein. Schah Bacheme Te, du entschuldigst doch
einen Augenblick, ja?«
»Aber gewiss doch, mein Kommandant.«,
antwortete dieser respektvoll und blieb vor der Tür stehen,
während Lyr diese schloss.
»Sag mal, Lyr, drehst du jetzt völlig
durch oder ist dir dein neuer Rang und die damit verbundene Aufgabe
zu viel geworden?«, wollte Katja wissen.
»Wieso, das verstehe ich jetzt nicht,
was meinst du damit?«, fragte Lyr.
»Na, wieso muss Schah Bacheme Te denn
vor der Tür warten, also ich habe vollstes Vertrauen zu ihm.«,
erwiderte Katja etwas verärgert.
»Ja, Lyr, das gleiche gilt auch für
mich.«, unterstützte Norman seine Schwester.
»Ja, leider, meine Lieben. Es missfällt
mir genauso wie euch. Aber ich habe diesbezüglich keine andere
Wahl.«, gab Lyr mit einem leichten Schulterzucken offen zu.
»Was meinst du denn mit, keine andere Wahl. Was
ist denn passiert, Lyr?«, fragte Norman nun scharf.
» Passiert? Dem Heiligen Xarmax sei Dank.
Passiert ist bis jetzt noch nichts, aber ich glaube, dass hierbei,
ich meine, dass bald etwas geschehen wird, ist so sicher wie das
Amen in der Kirche, wie ihr Menschen doch immer beliebt zu sagen.«,
erklärte Lyr zappelig.
»Lyr, wieso verlangst du nach uns beiden,
wenn du uns nicht einmal erklären willst, was geschehen ist?«,
wahrlich eine berechtigte Frage die da Norman stellte.
»Ja,
sicherlich, entschuldigt bitte, ich bin etwas nervös. Ihr müsst
verstehen, dass sich durch meinen neuen Chip meine Gefühlsmatrix
verändert und um ein vielfaches verstärkt hat. Ich muss
mich erst daran gewöhnen. Aber nun, weswegen ich euch zu mir
bat: Wir haben mit größter Wahrscheinlichkeit einen Spion
auf dem Mutterschiff.«, erklärte Lyr.
»Einen Spion? Dass ist doch hoffentlich
nur ein Scherz von dir, Lyr?«, antwortete Katja sarkastisch.
»Nein, durchaus nicht, meine Liebe.
Während unser Heiliger Xarmax mir per abhör- und
abfangsicherem Signal den Kurs und Namen des Quadranten, den wir
anfliegen sollen, übermittelte, bekam er eine Nachricht von
unseren Freunden, dem Volk der Apaloss. Hierbei bekräftigten
sie ihm gegenüber, dass sich ein Spion auf unserem Mutterschiff
eingeschleust hat. Diese Nachricht bekam ich exakt vor 23 Minuten und 16
Sekunden in eurer Zeitrechnung.«, berichtete Lyr.
»Weiß man denn schon, wer es ist und
woher er denn kommt? Ich glaube nämlich nicht, dass irgendeiner
aus euren Reihen in Frage käme, oder?«, fragte Katja.
»Laut unserem Heiligen Xarmax muss es
ein Nohkui sein. Dieser Spion soll in heimlicher Mission von
unserem Außenplaneten Sinas mit einem sehr kleinen und als
einer unserer Raumgleiter getarnt, irgendwo auf Goderijan gelandet
sein. Es scheint so und ich frage mich, wie es eigentlich dieser
Nohkui geschafft hat, sämtliche Überwachungsfallen
außerhalb und innerhalb unseres Planeten zu umgehen und es
ihm auch noch gelang, sich irgendwie unter die 100 Paare zu mischen, die wir
an Bord nahmen. Unglaublich!«, sagte Lyr.
»Du meinst, einer von den 200 Personen
ist ein männlicher oder weiblicher Spion?«,
schlussfolgerte Norman.
»Haargenau, du hast den Nagel auf den
Kopf getroffen, Norman, wie ihr Menschen doch beliebt zu sagen. Um
diese Ausgeburt der Hölle stellen zu können, müssen
wir uns etwas besonderes einfallen lassen.«, erklärte
Lyr.
»Ja, aber das kann ich dennoch nicht so
recht glauben. Überleg doch mal, wir haben mehrere Nohkui auf
Sinas gesehen, als wir den Hügel hochschlichen, oder etwa
nicht? Und sie sehen furchtbar aus. Des Weiteren haben sie einen
ganz anderen Körperbau, als wir ihn haben. Uns wäre
bei der Einschiffung der Surenech dieser gravierende
Unterschied mit Sicherheit aufgefallen, habe ich Recht?«, gab
Katja ihren Einspruch ab.
»Tja, Katja, da magst du vielleicht Recht
behalten. Dennoch könnten sich die Nohkui inzwischen die
Technik der Transmutation angeeignet haben, um sich so, wie schon
angedeutet, unbemerkt in feindliches Gebiet zu schleusen und
sich freier bewegen, sozusagen agieren zu können.«,
erklärte Lyr.
»Lyr, was ist denn eine Transmutation?«,
fragte Katja.
»Ich kann es euch beiden nur mit diesem
einen Wort, Transmutation, erklären, das ihr einigermaßen versteht.
Eine Transmutation ist eine gewisse Art gewaltsamer
Körper- oder Hüllen-Austausch, bei dem der oder die
feindlich gesinnte Spezies vorübergehend die exakte
Körperhülle einer anderen schon existierenden Spezies
durch ein bestimmtes Verfahren mutiert und bis ins kleinste
kopiert, also aneignet. In den meisten
Fällen werden ihre Opfer getötet und verschwinden auf
Nimmerwiedersehen.«, erklärte Lyr.
»Wieso eigentlich nur vorübergehend?«,
wollte nun Norman wissen.
»Das kann ich dir auch nicht so genau
erklären, mir ist diese Gen- und Zelltechnik der Mutation nicht
allzusehr bekannt. Jedoch, weiß man bisher nur, dass sich diese
Mutation nicht sehr lange aufrechterhalten lässt und sich nach einer
bestimmten Zeit aufzulösen beginnt. Mehr darüber ist
in meinen Datenquellen nicht gespeichert.«, sagte Lyr mit
einer Mimik des Bedauerns.
»Und Lyr, weiß dieser Spion denn,
dass wir über seinen Aufenthalt hier auf dem Mutterschiff
Bescheid wissen?«, wollte nun Norman wissen.
»Das, mein lieber Norman, kann ich dir
nicht mit Gewissheit sagen. Dennoch bin ich mir fast sicher, dass
jener welcher sich in Sicherheit wiegt. Weshalb möchtest du
das wissen?«, fragte Lyr.
»Na, das könnte doch von Vorteil
sein, oder glaubst du nicht, Lyr?«, warf Norman ein.
»Sicher, Norman. Was würdet denn
ihr Menschen in diesem Falle tun, um diesen Spion dazu zu bringen,
sich zu ergeben?«, fragte nun Lyr betont höflich.
»Tja, mal überlegen.«, sagte
Norman.
Norman, Katja und Lyr dachten angestrengt
nach. Aber dann...
»Ja, so könnte es klappen.«,
dachte Katja laut vor sich hin.
»Katja, was meinst du mit 'so könnte
es klappen'. Hast du etwa eine Idee?«, fragte Lyr sie
neugierig geworden.
»Nun, ob meine Idee zum gewünschten
Erfolg, also, zu einem guten Abschluss führt, kann ich euch,
natürlich nicht Versprechen. Jedoch wäre es ein Versuch
wert. Gut dann sperrt mal eure Lauscher auf. Wie wäre es Lyr,
wenn du deine Sicherheitsmaßnahmen noch etwas mehr ausdehnen
würdest?«, sprach nun Katja in Rätseln.
»Wie meinst du denn das, Katja?«,
gab Lyr offen zu, dass er kein einziges Wort verstand.
»Also, Katja, ich verstehe auch nur
Bahnhof.«, schaltete sich Norman dazu.
»Das ist doch ganz einfach. Wir wissen,
dass einer von den insgesamt 100 Paaren, also von den Insgesamt 200
Personen, ein weiblicher oder männlicher Spion ist, bzw. sich
darunter gemischt hat und das in versteckter Form als einer der
unseren, wobei er doch eigentlich ein Nohkui ist.«
»Das wissen wir ja bereits, was
meintest du mit 'ich sollte die Sicherheitsmaßnahmen etwas
ausdehnen'?«, unterbrach nun Lyr Katja.
»Geduld, Geduld. Ich meinte damit, dass
du eine Ausgangssperre aus den Quartieren anordnest und zwar für
die gesamte Besatzung an Bord.«, erklärte Katja.
»Und was soll uns das bringen?«
Lyr wurde nun etwas ungeduldig und redete immer öfter
dazwischen.
»Na, ganz einfach. Du musst doch einen
triftigen Grund angeben, warum du eine Ausgangssperre verhägnst, zum Beispiel zwecks
einer Sicherheitsübung, damit diese Bestie von Nohkui
keinen Verdacht schöpft.«, schilderte Katja weiterhin.
»Wenn ich den Plan kennen würde,
würde ich dies gerne tun, Katja.«, sagte Lyr nun etwas
konfus geworden.
»Natürlich, gerne doch. So hört:
Während alle in ihren Quartieren quasi in Arrest stehen,
vergeht einige Zeit, zu viel Zeit und zwar soviel Zeit, bis seine
Zellmutation sich aufzulösen beginnt. Wir wissen ja bereits,
dass jener transmutierte Nohkui früher oder später seine
Tarnung und seinen künstlich erschaffenen Körper
verlieren muss und auch wird.«, berichtete Katja im vollsten
Eifer bis sie mal wieder unterbrochen wurde.
»Katja, jetzt weiß ich, worauf du hinaus
willst. Wir brauchen ja gar nicht zu suchen, sondern nur zu warten,
bis dieses Miststück von Nohkui sein kleines Mäntelchen
fallen lässt, nicht wahr?«, sagte Norman.
»Ja, bis sein stinkendes künstliches
Zellgewebe einfach von ihm abfällt. Dann, wenn es soweit ist,
brauchen wir ihn nur noch in Gewahrsam zu nehmen. Und ich denke, gegen
alle auf dem gesamten Schiff wird er wohl nicht ankommen können
und sich somit ergeben müssen.«, erklärte Katja
jetzt in Fahrt gekommen.
Dein Plan, Katja, ist nicht schlecht. Doch ein
kleines Problem gibt mir doch zu denken.«, erwiderte Norman
nachdenklich.
»So, und was für ein Problem gibt
dir zu denken?«, wollte nun Katja wissen.
»Natürlich muss sich jener Nohkui
früher oder später zu erkennen geben, doch wenn dies
geschieht, was passiert dann mit seiner oder seinem
Zimmergenossen? Vergiss bitte nicht, es sind immer zwei Personen
pro Quartier eingeteilt worden.«, wies Norman mit ernster
Mimik daraufhin.
»Das stimmt, Katja, Norman hat
vollkommen Recht. Es wäre viel zu gefährlich für die
unseren.«
»Verdammt, ich stimme euch zu. Daran
hatte ich gar nicht mal gedacht. Nicht Auszudenken, wenn einem von
euch etwas zustoßen würde. Und ich dachte, der Plan wäre
gut.«, sagte Katja enttäuscht.
»Dein Plan ist ja auch
nicht schlecht und ich denke wir sollten ihn auch in Erwägung
ziehen, vielleicht sogar in die Tat umsetzen. Wir müssen uns nur noch
etwas einfallen lassen, wie wir die Gefahr für euren Dogon
abwenden oder zumindest aufs kleinste minimieren können, wenn
es denn dann gewissermaßen, letztendlich, soweit sein sollte.«
Ja, da standen die drei völlig sprachlos
und in ihre Gedanken versunken. Katjas Idee war natürlich
nicht von schlechten Eltern, doch die Gefahr, einen aus ihren
eigenen Reihen durch diesen kühnen Plan, durch diese gewalttätige
Spezies, die sich die Nohkui nannten, verlieren zu können, hob
nicht gerade die momentane Stimmung. Sie zermarterten sich den Kopf,
wie sie diesen doch so riskannten Plan irgendwie doch noch in die
Tat umzusetzen konnten. Alles schien ja vorerst perfekt zu sein.
Eines war aber allen dreien von vorne herein klar, sie mussten etwas
gegen diesen Spion unternehmen. Sie konnten auf keinen Fall
irgendwelche Sabotage auf dem Schiff riskieren.
Diese Sache macht es uns nur schwer, weil wir
nicht wissen, in welchem Quartier sich diese Bestie befindet und wer
genau es ist.«, ärgerte sich Katja über die Maßen.
»Natürlich, das leuchtet ein. Und
jedes Einzelne, also insgesamt 100 Quartiere zu überwachen,
dazu fehlen uns die Sicherheitskräfte, die wir dringend
dafür benötigen würden.«, erwiderte Lyr.
»Und was ist, wenn wir sämtliche
Quartiere verwanzen würden?«, kam nun Katja erneut auf
eine Idee.
»Verwanzen? Was ist denn Verwanzen?«,
fragte Lyr nach dem Sinn dieses Wortes.
»Was, das gibt es doch nicht, haben wir
wirklich und wahrhaftig doch noch ein Wort gefunden, das unser lieber
Lyr noch nicht kennt?«, freute sich Norman ein klein wenig
schadenfroh.
Auch Katja lachte schalkhaft.
»Nun gut, Lyr, ich werde es dir erklären.
Verwanzen heißt nichts anderes, als winzig kleine
Miniatursender mit eingebauter Kamera in jedem dieser hundert
Quartiere so anzubringen, dass man alles von einem Ort oder sagen
wir mal einer Zentrale aus, sehen und hören kann, was
sich in jenem Raum, den wir gerade observieren, abspielt, also, sich
ereignet. Ihr habt doch so etwas an Bord? Oder kennt ihr so etwas
überhaupt nicht?«, fragte Norman nach.
»Nun, ich glaube nicht, dass wir solche
Geräte einbauen müssen.«, stellte Lyr fest.
»Und wieso nicht?«, fragte Katja
mit gerunzelter Stirn.
»Weil so etwas ähnliches in jedem
Raum des gesamten Mutterschiffes schon installiert ist. Das gehört
bei der Konstruktion eines jeden unserer Raumschiffe sozusagen zur
Grundausstattung.«, musste Lyr gezwungenehrmaßen
kleinlaut zugeben.
»Was sagt man denn dazu! Wieso erfahren
wir das erst jetzt. Das ist ja der reinste Überwachungsstaat, den ihr hier
habt. Und es ist eine Verletzung der Privatsphäre. Das hätte
ich von euch nicht gedacht.«, schimpfte Katja mit Lyr.
»Ja, Katja hat Recht, das ist nicht ganz
fair.«, verteidigte Norman seine Schwester.
»So beruhigt euch doch! Ihr wurdet
niemals von uns persönlich überwacht. Dieses
Sicherheitssystem arbeitet selbstständig, es schaltet sich
nur ein, wenn ein Brand ausbricht oder ihr in Gefahr seid, demnach
vollautomatisch. Es dient nur zu eurem und unserem Schutze. Wenn ihr
dies nun als eine Art der Freiheitsberaubung erachtet, würde
ich mich sehr gekränkt sehen.«, sagte Lyr etwas beleidigt
wirkend.
»Wenn das so ist, dann entschuldigen wir
uns.«, sagte Katja auch in Normans Namen.
»Gut, ich nehme an.«, gab Lyr
etwas eitel von sich.
»Lyr, sag mal, können wir dieses
System so programmieren, dass es rund um die Uhr auf Hochtouren
läuft? Auf diese Weise könnten wir schneller
eingreifen, wenn es zu einer Auseinandersetzung zwischen dem Spion und
uns kommt.«, fragte Katja.
»Das dürfte für uns kein
Problem sein. Ich werde es gleich in die Zentrale weitergeben.«,
sagte Lyr, was er sogleich in die Tat umsetzte.
»Jetzt heißt es warten, Lyr, nicht
wahr?«, deutete Norman daraufhin.
»Ja, Norman, das Zauberwort heißt,
sich in Geduld üben und warten.«, entgegnete er seinen
beiden Schützlingen.
»Lyr, wir sollten einige in der Zentrale
beauftragen, abwechselnd, und das rund um die Uhr, sämtliche
Quartiere auf den Schirmen zu beobachten. Was hältst du davon?«,
gab Katja klar und deutlich Lyr zu verstehen.
»Das, meine Liebe, ist schon geschehen.«,
antwortete Lyr seinem Schützling.
»Na, dann werde ich mal wieder auf mein
Quartier gehen. Ich schätze, im Augenblick kann ich hier sowieso
nichts tun.«, sagte Katja.
»Warte auf mich, ich gehe auch gleich mit,
oder liegt noch irgendetwas vor, Lyr?«, wollte sich Norman noch
mal erkundigen.
»Nein, geht beruhigt und ruht euch etwas
aus. Wenn sich etwas verändert, bekommt ihr umgehend Bescheid.
Und seid so nett, behaltet die neue Situation vorerst noch für
euch. Und vor allem: Bitte keine Extravaganzen. Es muss ja nicht sein,
dass eure Freunde sich auch noch um euch Sorgen machen müssen.«,
forderte Lyr sehr freundlich.
»Geht klar, Lyr. Also, bis später dann!«
Und so gingen Norman und Katja ihres Weges in
Richtung der Quartiere. Und während sie so gingen, hallte plötzlich
Lyrs Stimme durch das ganze Mutterschiff.
»Achtung, Achtung, hier spricht euer
Kommandant Lyr. Vor Beginn unserer Reise bekam ich den
ausdrücklichen Befehl, die wie jedes Jahr anfallenden
Sicherheitsmaßnahmen, ungeachtet unserer Lage, auszuführen,
die in genau 5 Minuten beginnen. So habe ich mich entschlossen, die
diesjährigen Sicherheitsmaßnahmen zu verschärfen. Es
ist somit, und das bis auf weiteres für jeden, ausgenommen
Wartungs- und Versorgungsoffiziere und Schiffsführer, sowie das
Reinigungspersonal, strengstens verboten, sein Quartier zu verlassen.
Sollte die Beendigung dieser Übung etwas länger andauern,
werden natürlich die Mahlzeiten oder sonst dringendes auf ihre
Quartiere gebracht werden.« Lyr war mit dieser Durchsage mal
wieder in seinem Element.
»Ich kann es einfach nicht glauben, hast
du eben das gleiche gehört wie ich?«, fragte Norman seine
Schwester schmunzelnd.
»Klar hab ich das. Lyr schwindelt ja, dass
sich die Balken biegen. Man hätte nicht gedacht, dass er das
überhaupt kann, du etwa, Norman?«, flüsterte Katja
ihren Bruder ins rechte Ohr.
»Nein, nicht im Geringsten. Ist ja
Wahnsinn, ein schwindelnder Androide.«, lachte Norman herzhaft.
»Sag mal, Katja, findest du denn nicht auch, dass
wir ein bisschen zu viel Rummel um diesen Spion veranstalten?«,
flüsterte Norman seiner Schwester ins linke Ohr.
»Ich glaube nicht, Norman, schließlich
weißt du doch nicht, was diese Bestie von Nohkui auf unserem
Mutterschiff so alles vorhat.«, da hatte Katja wohl oder übel
Recht.
»Dennoch, ich kann mir beim besten Willen
nicht vorstellen, was dieser Nohkui vorhat.«, grübelte
Norman laut vor sich hin, so dass Katja es natürlich mitbekam.
»Na was schon, herumspionieren.«,
gab Katja zurück.
»Das, meine liebe Schwester, ist mir auch
klar, nur, hier stellt sich doch diese eine Frage: Was will dieser
Nohkui ausspionieren?«, sagte Norman, während er mit
seiner linken Hand über sein Kinn streichelte.
»Was würdest du, wenn du ein Spion
wärst, auf einem solch großen Raumschiff ausspionieren
wollen?«, fragte Katja ihren Bruder.
»Nun ich...« Norman beendete seinen
Satz und überlegte scharf.
»Aber natürlich, dieses Scheiß-Insekt von
Nohkui will an die Computerdaten ran, oder etwa nicht?«,
kam Norman zu dem Entschluss.
»Meinst du wirklich, Norman? Ist ihr
Hauptcomputer denn nicht vor Datenklau abgesichert?«,
fragte Katja Norman.
»Eigentlich schon, Lyr hat da mal was
ähnliches verlauten lassen. Aber wie man so schön sagt:
Manchmal wächst kein Gras, weht kein Wind und der Himmel ist
nicht blau.«, philosophierte Norman.
»Ach, Norman, du bist mir schon einer.«,
stellte Katja schmunzelnd fest.
Anschließend verabschiedeten sich Norman
und Katja für eine Weile und gingen in ihre Quartiere zurück.
Die Gewissheit zu haben, dass sämtliche Quartiere der 100 Paare
beobachtet wurden, gab ihnen wenigsten das Gefühl der
Sicherheit. Doch ihr innerstes Gefühl der Vorahnungen, die in
ihnen ruhten, außer Acht zu lassen, kam natürlich für
beide nicht in Frage. Denn stets haben sich Norman und
Katja ungeachtet dessen, ob sie zusammen waren oder nicht, sich
auf ihre inneren Intuitionen (Ahnungen) verlassen können.
Für alle begann nun die Zeit des Wartens. Wie lange es wohl
dauern wird, bis sich diese Ausgeburt der Hölle, ja diese Bestie,
die sich Nohkui nennt, zwangsweise zu erkennen geben muss? Und
wie wird diese Spezies bei der Festnahme reagieren? Oder wird sich
dieser Nohkui bis zu seinem letzten Atemzug wehren? Viele, viele
Fragen waren noch offen und machten das Warten nicht gerade
angenehm. Dann klopfte es an Normans Tür.
Wer klopft denn da an meine Tür? Es ist
doch verboten, das Quartier zu verlassen, dachte sich Norman. Obwohl
ihm sein Inneres keine Gefahr signalisierte, begab sich Norman nicht
an die Tür wie gewohnt, sondern blieb im respektvollen Abstand
stehen und rief »Herein«. Ganz langsam öffnete sich die Tür,
und wer konnte es anderes sein, natürlich Lyr, der Androide.
»Mensch, Lyr, wie oft hatte ich dich schon
gebeten, dein Erscheinen nicht so geheimnisvoll zu inszenieren!«,
beschwerte sich Norman mit Recht.
»Verzeih Norman, ich
wollte nur leise sein, falls du geschlafen hättest.«,
beteuerte Lyr.
»Was soll denn das? Du scheinst am Lügen
gefallen gefunden zu haben. Das finde ich nicht gut. Ich weiß
doch, dass du mit deinem Gehör durch mindestens zwei bis drei Meter
dicken Stahl hören kannst. Na, Lyr, sage es mir, wenn ich mich
täusche.«, sagte Norman mit festem Ton.
»Gewiss, Norman, du hast natürlich wie
meistens Recht. Keiner kennt mich so gut wie du und Katja. Doch ich
hoffe, du nimmst es mir nicht so ganz übel. Ich probiere nämlich
noch immer meinen neuen Chip aus. Und ich muss zugeben, dass er mir
ganz schön zu schaffen macht.«, erwiderte Lyr.
»Dann bau ihn doch wieder aus und schmeiß
ihn weg.«, entgegnete Norman.
»Aber Norman, ich meinte es doch im
positiven Sinne. Na ja, wie dem auch sei, deswegen kam ich natürlich
nicht hierher.«, sagte Lyr etwas zurückhaltend.
»Und warum bist du hier?«, fragte
Norman betont.
»Ich war gerade bei Mary, Peter, Susanne
und Gregor.« Lyr übertrieb mal wieder.
»Lyr, schon gut, ich weiß ja, wie meine
Freunde heißen. Sag mir doch endlich was du meinst.«, gab
Norman verärgert von sich.
»Aha, mir scheint, als sei mein treuer
Freund Norman heute etwas angespannt in seiner Wortwahl. Nun gut,
ich habe deine Freunde nochmals über die Sicherheitsmaßnahmen
aufgeklärt. Sie waren außer sich vor Sorge. Irgendwie, so
schien es mir, haben sie mir kein Wort geglaubt.«, sagte Lyr zu
Norman.
»Tja Lyr, so sind nun mal die Menschen.
Ach, noch etwas, wäre es möglich, dass meine Freunde und ich
zusammen sein könnten? Nur so lange, bis dieser Nohkui sich in
Gewahrsam befindet, ich möchte nämlich ne Hysterie
vermeiden, du weißt ja, dass manche in der Gruppe nicht so gute Nerven
haben wie wir.«, fragte Norman nach.
»Aber sicher doch, Norman, ich habe doch
schon im voraus einen größeren Saal im vierten Stock
herrichten lassen. Dort könnt ihr euch so lange aufhalten, bis
alles vorüber ist.«, sagte Lyr zu Norman.
»Prima Lyr, find ich richtig nett von
dir, dass du daran gedacht hast. Ich werde die anderen der Gruppe
zusammenscharen, wenn es dir so Recht ist?«, fragte Norman.
»Sicher, Norman, aber ihr müsst sehr
leise sein. Ich warte dann vor den Quartieren, um euch dann hoch in
den Saal zu bringen.«, erklärte Lyr.
Als Norman seine Freunde auf dem Flur zusammenhatte,
ging Lyr wie immer voraus, um sie des Weges zu weisen. Dort
angekommen zeigte er ihnen nun ihre vorläufige Unterkunft.
Anschließend verabschiedete sich Lyr von ihnen und ging seinen
Pflichten als neuer Kommandant nach. Währenddessen formierte
sich die Gruppe im Saal, wo notdürftig so eine Art Feldbetten
aufgestellt wurden, auf dem Fußboden zu einem Kreis. Norman saß,
wie all die anderen aus der Gruppe, stumm und grübelnd im
Schneidersitz da. Es schien so, dass die Gruppe auf Normans Wort
wartete, so als soll er mit dem Gespräch beginnen.
»Wie ich sehe und hören kann, seid
ihr heute nicht sehr gesprächig. Na ja, macht nichts. Ich kann
euch nur sagen, dass ihr keinen Grund habt, euch irgendwelche Sorgen
zu machen. Es ist ja nur eine Übung.«, versuchte Norman
seiner Gruppe diese kleine Notlüge zu verkaufen.
»Sag mal, Norman, für wie doof
hältst du uns eigentlich?«, fragte nun Mary.
»Was meinst du damit?«, versuchte
Norman sich abermals herauszureden. Insgeheim jedoch fühlte
Norman, ja er wusste es, dass er die Gruppe nicht hinters Licht
führen konnte. Zu lange waren sie schon zusammen und ein jeder
der Gruppe kannte des anderen Mimik.
»Ihr habt Recht.«, mischte sich nun
Katja ins Gespräch ein.
»Aber Katja, wir wollten doch...«,
unterbrach Norman seine Schwester.
»Lass gut sein, Norman, ich finde, dass sie
ein Recht auf die Wahrheit haben. In manchen Situationen ist
Rücksichtnahme fehl am Platze.«, sagte Katja zu Norman.
Und Katja begann, die ganze Sache mit dem
Spion, der sich als Dogon mutiert in das Mutterschiff
eingeschlichen hatte, zu berichten.
»Mann, Katja, das ist ja ein Ding. Wie kann
man denn nur so bösartig sein, wie es diese Nohkui sind.
Unvorstellbar, wenn man bedenkt, dass auch sie ein Gehirn zum Denken
und Fühlen haben.«, äußerte sich Sarah dazu.
»Ja, sicherlich haben die ein Gehirn, aber
nicht zum Denken. Man sollte diese Biester ausrotten.«, gab
Gregor seinen Senf dazu. Wobei aber die anderen auch nicht anders
dachten.
»Sagt mal, was wird denn nun aus diesen
Nohkui, ich meine die, die sich auf Sinas in der unterirdischen Stadt
eingenistet hatten?«, fragte Stephan überraschend.
»Du hast Recht, Stephan, die hatte ich
auch ganz vergessen. Wir sollten da mal bei Lyr nachhaken. Oder, was
meint ihr dazu?«
»Sicherlich, das könnte nicht schaden.«,
antwortete Katja.
»Mann, ihr glaubt doch nicht im Ernst,
dass Lyr eine solch potentielle Gefahr vergessen hätte? Mann,
ihr seid vielleicht drauf.«, protestierte Peter.
»Eigentlich hat Peter da Recht. Lyr
speichert doch all seine Erlebnisse ab.«, gab nun Sarah von
sich.
»Wenn dem so ist, warum hat er es dann
vor uns verschwiegen. Sehr ungewöhnlich, sehr eigenartig.«,
grübelte Mary nach.
»Jetzt macht euch doch keinen Kopf,
er wird schon seine Gründe haben. Außerdem sollten
wir uns viel mehr auf die jetzigen Probleme konzentrieren. Sobald wir
Lyr wiedertreffen, fragen wir ihn. Damit dürfte eure Neugier
vorerst gestillt sein. Oder ist jemand anderer Ansicht?«,
fragte nun Norman.
Weiterhin vertrieb sich die Gruppe mit
Diskussionen über Diskussionen ihre Zeit, so dass sie beinahe
vergaßen, weshalb sie eigentlich in diesen Saal der vierten
Etage verlegt worden waren. Bis es an ihre Tür klopfte. Mit
einem Male wurde es mucksmäuschenstill in dem kleinen Saal.
Norman stand als erster auf und ging in Richtung Tür, die
Katja, nachdem Lyr gegangen war, verschlossen hatte.
»Ja, wer da?«, fragte Norman, als er
direkt vor der Tür stand.
»Ich bin es, Norman, Lyr?«,
antwortete der Androide.
Dann schloss Norman die Tür auf und ließ Lyr herein.
Lyr, es tut gut, dich zu sehen. Die meisten hier
haben es richtig mit der Angst bekommen, und wenn ich ehrlich bin, war
mir auch nicht ganz wohl in meiner Haut. Wir sollten uns ein Kennwort
ausdenken. Würde mich nicht wundern, wenn nicht du, sondern ein anderer
vor der Türe gestanden hätte und uns an den Kragen wollte.«, jammerte
nun Norman.
»Es tut mir Leid, euch erschreckt zu
haben. Aber dennoch, die Idee mit dem Kennwort finde ich gut und
sehr nützlich. Dennoch nicht mehr notwendig.«, erwiderte
Lyr.
»Warum nicht mehr notwendig?«,
fragte Sarah nach.
»Weil ich euch die frohe Botschaft
selbst überbringen wollte und euch verkünden kann, dass der Feind
geschlagen ist und sich bereits im Tiefschlaf befindet. Wir werden ihn
dann auf Goderijan unserem Heiligen Xarmax übergeben.«,
erklärte Lyr voller Stolz und Glückseligkeit. Ja, er konnte
sich kaum mehr beruhigen.
»Das ist ja ne Wucht, dann hat mein Plan
wohl tatsächlich funktioniert, Lyr?«, brüllte Katja
förmlich vor Freude.
»Na klar hat er das, meine Liebe, es war
ein voller Erfolg.«, bestätigte Lyr.
»Und hat diese Bestie von Nohkui sich
denn gewehrt?«, fragte Gregor neugierig nach.
»Nein, nicht im geringsten, das war
schon, muss ich wohl oder übel zugeben, etwas eigenartig. Er
ließ sich einfach abführen, nachdem diese künstliche Zellmutation
von seinem Körper abfiel.«, erzählte
Lyr nachdenklich.
»Da stimmt doch was nicht, Lyr. Denke
doch an das verganene Massaker zurück, was sie mit eurem Volk
getan haben. Millionen von euch haben diese Nohkui getötet und
das, ohne Gnade vor Recht ergehen zu lassen. Du hast es oft erwähnt,
dass diese Spezies lieber sterben würde, als sich zu ergeben.
Wieso, so frage ich dich, sollte dieser eine Nohkui eine Ausnahme
bilden?«, erinnerte Katja nun Lyr.
»Gewiss, irgend etwas ist da faul, wie ihr
Menschen beliebt zu sagen. Und hat von euch jemand einen Vorschlag?«,
fragte Lyr seine Schützlinge.
»Mann, sag bloß... Ach, das kann nicht
sein.«, murmelte Susanne laut vor sich her.
»Susanne, wolltest du etwas dazu sagen?«,
fragte nun Norman Susanne, die er laut vor sich hin reden hörte.
»Na ja, ich weiß nicht, ob mein Verdacht
möglich ist?«, seufzte Susanne schwermütig.
»Sag doch, Susanne, was für einen
Verdacht hast du?«, forderte Lyr nun Susanne etwas forsch auf.
»Also, ich dachte, ob es vielleicht
möglich wäre, dass dieser Nohkui eine Bombe oder so etwas
ähnliches auf unser Mutterschiff geschmuggelt haben könnte?«
Als Susanne ihren Verdacht ausgesprochen hatte,
wurden einige in der Gruppe kreidebleich. Und Lyr begann, alle
Möglichkeiten in seinem Speicher abzurufen und jedes Detail in
Betracht zu ziehen, das sah man daran, dass seine Augen zu leuchten
begannen.
»Was sagst du dazu, Lyr? Hätte diese
Bestie wirklich die Möglichkeit gehabt, bei der Einschiffung
einen Sprengkörper an Bord der Surenech zu schmuggeln?«,
wollte nun Norman wissen.
»In einem Behältnis oder unter
seiner Kleidung, ausgeschlossen. Wir haben hoch entwickelte
Sensoren, die jegliche Art von Spreng- oder Implosionskörper,
oder gar Waffen, sofort entdeckt hätten. Sogar die kleinsten
Impulspartikel würden genügen, um einen sofortigen Alarm
auszulösen.«, gab Lyr kühl und dennoch berechnend zu
verstehen.
Dann füllte Stille den Raum.
Schweigen, minutenlanges Schweigen folgte weiterhin, so dass man
das Atmen aller hören konnte.
»Lyr, an alles haben wir gedacht, nur an
eines nicht.«, sprach Norman nun in Rätseln.
»Und
was wäre das?«, fragte Sarah.
Zum Ersten: Wenn dieser Nohkui tatsächlich
eine Bombe, und dass in seiner Lage, hätte an Bord schmuggeln
können, dann nur eventuell an seinem Körper. Lyr hingegen
sagt, dass dies unmöglich sei, wegen den Sensoren. Zum Zweiten:
Da die Sensoren keinerlei Alarm schlugen, hatte folglich dieser
Nohkui keinen Sprengstoff unter seiner Kleidung oder gar am
Körper, richtig? Also, wenn überhaupt, wie und wo wäre
es für diesen Nohkui noch möglich gewesen, unbemerkt
Sprengstoff ins Mutterschiff zu Schmuggeln?«, fragte
Norman die ganze Gruppe.
Doch trotz intensiver Anstrengung des
Nachdenkens kam keiner drauf.
»Ihr kommt nicht drauf? Gut, dann sage
ich es euch. Na, im Inneren seines Körpers natürlich.«,
stellte Norman fest.
»Wenn sich dieser Sprengstoff
tatsächlich im Inneren dieses Nohkui befindet, wieso haben
dann die Sensoren keinen Alarm gegeben, ich meine, es ist doch egal
ob am Körper oder im Körper, oder etwa nicht?«,
bekräftigte Mary ihre Meinung darüber.
»Aber nicht doch, Mary, dieser Nohkui hat
bestimmt eine Art Abschirmung in sich, welche die Sensorenstrahlung
nicht durchdringen kann.«, verteidigte Norman seine
Vermutung.
»Schon gut, beruhigt euch wieder, es kann
viele Ursachen geben, die zum Ausfall der Sensoren führen, falls
es dieser Bestie tatsächlich gelang, eine Art Bombe auf
unser Mutterschiff zu schmuggeln. Dann drängt die Zeit, und
natürlich muss ich sofort dieser Sache nachgehen. Ich werde
umgehend ein paar meiner Männer in den Tiefschlafraum beordern, wo wir
diese Bestie zur Zeit aufbewahren, und eine
genaueste Durchleuchtung des Nohkui auf Sprengstoff anordnen.« Im Nu
fing Lyr an, seinen innerlichen Computer für die
Signalübertragung zu aktivieren und schickte per Signal die
Order.
»So, das wäre erledigt. Hat sonst
noch jemand etwas auf dem Herzen?«, fragte Lyr, als gehöre
die Sache mit dem Nohkui schon der Vergangenheit an. Lyr war
plötzlich die Ruhe selbst. Kein Zeichen irgendeiner Nervosität
spiegelte sich bei ihm ab.
»Lyr, entweder du hast Normans Verdacht
mit dem Sprengstoff nicht wirklich ernst genommen, oder dir scheinen
ein paar Sicherungen durchgeknallt zu sein.«, stellte nun
Gregor fest.
»Nicht im Geringsten, meine Lieben. Die
Durchleuchtung fand von der Zentrale aus statt und ist vor etwa
zwei Minuten abgeschlossen worden.«, sagte Lyr ganz stolz und
erhobenem Hauptes.
»Spann uns doch nicht länger auf die
Folter, was kam dabei heraus, Lyr?«, drängte Katja.
»Das Ergebnis der Durchleuchtung
fiel positiv aus. Es befand sich ein Impuls-Detonator in seinem
Inneren, der sofort mit einem Gegenimpuls deaktiviert wurde. Es
besteht also für uns alle keine Gefahr mehr.«, sagte Lyr.
»Ja, ich wusste es, ich konnte es förmlich
riechen, dass da etwas faul war.«, freute sich Norman riesig.
Schon wieder einmal hatte seine Vorahnung ihn, wie auch sonst, nicht
im Stich gelassen.
»Allerdings möchte ich noch
hinzufügen, dass unser Norman ein Held und Lebensretter
ist. Ohne ihn wären wir jetzt tot. Die Detonationszeit wäre
genau jetzt abgelaufen.
Die gesamte Gruppe, einschließlich Lyr,
hatte noch einmal Glück gehabt. Das hätte nämlich
verdammt böse ins Auge gehen können. Gerade wollte sich
Lyr für eine Weile verabschieden, da nervten seine Schützlinge
schon wieder mit einem Problem, das ihnen mal wieder in einem
Moment der Langweile einfiel. Was aber durchaus berechtigt zu
erwähnen war.
»He, Lyr, darf ich dich noch etwas
fragen?«
»Aber sicher doch, Katja.«,
entgegnete Lyr.
»Was wurde aus der unterirdischen Stadt
auf Sinas?«, fragte Katja so ganz nebenbei wirkend.
»Das weiß ich im Moment nicht, Katja,
aber, um Näheres zu erfahren, rufe ich augenblicklich mein Melde-
und Nachrichtenmodul ab, wenn es dein Wunsch ist. Hier bekomme ich
stets, und das rund um die Uhr, die aktuellste Lage unseres
Volkes herein. Es dauert nur einen Moment.«, bot Lyr Katja
an.
»Ja, doch, gerne.«, erwiderte Katja
und wartete gespannt auf Lyrs Bericht.
Ein paar Sekunden später:
»So, wie ich festellen konnte, hat sich
auf Sinas bisher noch nichts verändert. Die feindlichen Besatzer
bzw. die Nohkui, befinden sich noch immer in der unterirdischen
Stadt.«, erklärte Lyr.
»Ja, aber wollt ihr denn dagegen
überhaupt nichts tun? Immerhin gehört doch der Außenplanet
Sinas dem Volke der Goderijaner, oder etwa nicht?«,
protestierte Katja lauthals.
»Warte, Katja, da befindet sich noch ein
codiertes Gesprächssignal zwischen unserem Heiligen Xarmax
und dem Raumgeschwader der Apaloss. Daraus geht hervor, dass es ihnen
leid tue, nicht mehr rechtzeitig zur Verteidigung des Volkes auf
Goderijan eintreffen zu können. Dennoch, aus sicheren Quellen
erfuhren die Apaloss die jetzige Situation auf Sinas. Daher bitten
sie um die Erlaubnis, wenigstens den Planeten Sinas, der sowieso
auf ihrem Weg liegt, von den Nohkui befreien zu dürfen. Unser Heiliger Xarmax willigte ein und
wünschte noch viel Glück und gesunde Wiederkehr.
»Katja, ich hoffe, dass dir diese
Nachrichten genügen.«, erkundigte sich Lyr mit einem
zufrieden wirkenden Lächeln im Gesicht.
»Und ob wir zufrieden sind, die Apaloss
werden diesen Nohkui auf Sinas die Insektenbeine lang ziehen. Stimmt es
nicht, Freunde?«, freute sich Katja.
»Ja, ich hoffe, dass sie diese elenden
Scheiß-Viecher, diese genetischen Abfälle, bald allesamt
ausrotten werden.«, mischte sich Gregor mal wieder ein.
Ach, Gregor, das Fluchen bringt dir auch nicht
viel. Du regst dich in diesem Fall unnötig auf.«, warf nun
Susanne ein.
»Was? Ich glaub mich wohl verhört zu
haben. Nimmst du diese elenden Kreaturen auch noch in Schutz? Du
tickst doch wohl nicht mehr richtig. Ihr dürft euch freuen, aber
sobald ich den Mund aufmache, quatscht ihr mich voll.«, kam
Gregor in Rage.
»Aber nicht doch, so meinte ich es nicht.
Ich meine, dass wir ja doch nichts machen können, ob wir fluchen
oder nicht.«, versuchte Susanne Gregor zu beruhigen.
»Außerdem wissen wir ja bereits,
dass sie sich wie Karnickel vermehren. Mir wird ganz anders, wenn ich
mir vorstelle, dass es diesen Bestien gelänge, sich ein paar
Jahre in irgendeinem Quadranten zu verstecken um sich dann wieder
so weit zu vermehren, dass sie stark genug sind, um wieder eine Flotte
zu bilden. Und stellt euch einmal vor, sie gelangten irgendwann einmal
in unser Sonnensystem. Was glaubt ihr, was diese Kreaturen wohl machen würden, wenn sie
unseren, diesen Winzling, von Planeten Erde entdeckten? Wir wären für diese Bestien doch nichts weiter
als ein Stück Müll, das man kurzerhand plündern und
anschließend wegräumen müsste.«, eschofierte
sich Gregor zunehmend. Wobei er eigentlich gar nicht so Unrecht
hatte. Denn diese Gefahr bestünde tatsächlich.
»Natürlich wäre dies eine
Katastrophe ohnegleichen, meine Lieben. Doch seid euch gewiss,
dass unsere Verbündeten das niemals zulassen würden.«,
versprach Lyr seinen besorgten Schützlingen.
*
Zur gleichen Zeit auf Goderijan:
Xarmax saß auf seinem Thron und wartete auf eine
Nachricht von einem seiner Außenposten, die er zu diesem Zweck
auf Abfangkurs in Richtung der feindlich gesinnten Nohkui
ausgesandt hatte.
Das Warten wurde für Xarmax von Stunde
zu Stunde immer unerträglicher. Seine Intuition verriet ihm
bislang nichts Gutes. Noch immer befand sich das mit
Hochexplosionswaffen von den Nohkui beladene Kampfschiff auf
Kollisionskurs in Richtung seines Planeten Goderijan. Die Tatsache,
dass Xarmax die genaue Angriffszeit nicht bekannt war, erhöhte
noch seine innerliche Anspannung. Wann genau würden ihm seine
Außenposten, also seine Späher, über die Sichtung der
Nohkui Bericht erstatten und vor allem, wie viel Vorwarnzeit blieb
dann noch seinem Volk. Außer den ungenauen Meldungen von zirka
4 bis 5 Stunden bis zur Ankunft dieser gefährlichen Fracht
hatte seine Heiligkeit nichts. Xarmax fühlte, ja wusste, was
diese Nohkui vorhatten. Eine sehr große Wahl blieb diesen
Bestien ja nicht. Denn einen weltweit angelegten
Großangriff konnten sie mit einem einzigen Kampfschiff nicht
starten. Was ihnen aber übrig blieb, war nämlich, sich
selbst und mitsamt ihrem Kampfschiff und der gefährlichen
Fracht auf seinen Planeten zu stürzen, um diese schrecklichen
Waffen zum Explodieren zu bringen.
Wobei im Anschluss dieser Attacke, sein Planet Goderijan
mit einem einzigen Vergeltungsschlag der Nohkui
vollständig vernichtet oder im schlimmsten Falle
explodieren würde. Eine schaurige Vorstellung für Xarmax,
der mit seinem Volk immer nur Frieden wollte. Xarmax hielt es
nicht lange auf seinem Thron. Wieder ging er auf und ab und
betrachtete dabei in Muße den schimmernden marmorartigen Fußboden,
in dem er sich wiederspiegeln konnte. Er dachte dabei daran, wie viele
Entscheidungen er doch in seiner bisherigen Herrscherzeit in diesem
seinen Thronsaal fällen musste. Und er dachte auch bisher, dass
alles im Sinne der Gerechtigkeit, ordendlich und zum Wohle aller
dienlich und im besten Wissen geschah. Niemals befand er sich so
ratlos, so machtlos, wie an dem heutigen Tage. Und Xarmax schritt
weiter auf und ab. Bis es plötzlich zaghaft und sehr leise an
seiner Türe klopfte.
»Wer es auch sei, er möge eintreten.«,
verkündete Xarmax.
»Oh, euer Heiligkeit, verzeiht mein
Eindringen in eure Gedankenwelt. Doch es bedarf aufs Dringlichste
eurer Entscheidung.«, bat ein Mitglied des Hohen Rates auf
Goderijan.«
»Was könnte denn dringlicher sein,
als jene Situation, in der wir uns jetzt befinden?«, fragte
der Heilige Xarmax seinen Untertan.
»Wir bekommen in der Zentrale am
Hauptsendepulsar ein andauerndes und beständiges Signal herein.
Dieses Signal ist aber codiert. Wie sollen wir uns verhalten. Es
könnte ja ein Trick dieser Nohkui sein.«, berichtete das
Mitglied des Hohen Rates.
»Habt ihr schon versucht, diesen Code zu
entziffern?«, wollte seine Heiligkeit noch wissen.
»Nein, natürlich nicht. Es ist ja
eurer Heiligkeit ausdrücklicher Wunsch gewesen, nichts dergleichen
zu tun und jene Nachrichten Ihnen persönlich kund zu
tun.«, wies sein Untertan darauf hin.
»So, so, das habe ich nun selbst
veranlasst. Gut, nun denn, ich werde diese Sache selbst in die Hand
nehmen und von meinem Hauptcomputer aus klären. Du kannst
gehen, ich und das Volk danken dir.«
Als nun das Mitglied des Hohen Rates den
Thronsaal verlassen hatte, setzte sich Xarmax an seinen Hauptcomputer
und begann, die codierte Meldung, die mit größter
Wahrscheinlichkeit an ihn gerichtet war, zu dechiffrieren.
Für Xarmax stellte dies kaum ein Problem
dar. Seine Heiligkeit konnte fast alle zugänglichen Codes
entschlüsseln und wenn ihm mal eine Sprache nicht geläufig
war, überließ er es dem Hauptcomputer, der natürlich
die gleichen Fähigkeiten zu Tage bringen konnte. Eine kleine
Weile verging während der Decodierung. Dann war es geschafft.
Und was da Xarmax zu Entziffern bekam, verschlug ihm doch glatt den
Atem. Aus diesem Code, den Xarmax zusammen mit dem Computer
enträtselte, ging eindeutig hervor, dass sich ein Volk, das sich
im übrigen Chasquiana nennt, und von einem Planeten namens
Nartahu kommt, sich ihnen, dem Volke der Goderijaner, anbietet, um
sich am Gegenschlag bei dem Angriff gegen die Nohkui beteiligen zu
dürfen.
»Oh, im Namen aller Xarmaxes, das wäre
unsere Rettung.«, gab seine Heiligkeit laut und im
Selbstgespräch von sich.
»Im Nu rannte seine Heiligkeit förmlich
zu seinem Arbeitstisch, um in eine Art Röhre, die sich
herausragend durch die Tischplatte präsentierte, regelrecht
hineinzubrüllen.
»Ich, Xarmax, wünsche sofort den
gesamten Hohen Rat zu mir.«, befehligte Xarmax.
»Eine Weile verging und seine Heiligkeit
wurde etwas nervös. Es schien so, als ginge es ihm nicht schnell
genug. So schritt seine Heiligkeit wieder in seiner Residenz auf und
ab. Doch schließlich klopfte es wieder an seiner Tür.
»Kommt nur, kommt geschwind!«,
winkte, drängte und dirigierte förmlich seine Heiligkeit
den gesamten Hohen Rat in den prunkvollen Saal zu seinem
Arbeitstisch.
»Seid gegrüßt, mein geliebter und von meiner Wenigkeit auserkorener
Hoher Rat.«
Keine so schlechte Wortwahl, die sich seine
Heiligkeit da auswählte. Gelegentlich machte er
seinem ach so hohen und geschätzten Kreis der Gelehrten ein
wenig schlechtes Gewissen. So dass sie nie vergessen mögen, wer
sozusagen hier das alleinige Sagen hatte. Nachdem sich der gesamte
Hohe Rat in tiefster Haltung unterwürfig verbeugte, schwieg
Xarmax ein wenig und sah ihnen tief, dabei studierend, in die Augen.
Auch das gehörte zu Xarmax' psychologischem Test.
»Unser Heiliger Xarmax ließ uns
rufen?«, sagte der Führer des Hohen Rates.
»Ja gewiss, in der Tat, das habe ich. Nun
lauscht und höret, was ich euch zu sagen habe. Und vergesst
nicht, wie immer ist es mein Wunsch und Befehl, eine ehrliche und
korrekte Meinung von euch zu hören.« Als Xarmax seine
Einschüchterungstaktik beendet hatte, begann er, das Chiffre,
das er mit Hilfe seines Computers enträtselt hatte, exakt, Wort
für Wort, vorzulesen.
»Wir, das Volk der Chasquiana kommen vom
Planeten Nartahu, der sich in der Unit-Galaxie und im Quadranten
des Jananebels befindet, senden euch Grüße. Wir, die
Chasquiana, verfolgen nun schon viele Lichtjahre von Quadrant zu
Quadrant diese feindlich gesinnte Spezies. Diese Spezies, wie ihr
bereits wisst, nennt sich selbst Nohkui. Wir haben in der letzten
Zeit Gespräche zwischen den Apaloss und euch, dem stolzen Volke
der Goderijaner, notgedrungen empfangen und bitten jetzt schon im
voraus um Verständnis. Wir kommen in Frieden. Wir, die Chasquiana,
kennen eure jetzige Lage aufs Genaueste. Wir wären in der Lage,
in genau 3 Stunden und 20 Minuten auf eurem Planeten zu landen,
versteckt vor eurer Hauptstadt in Wartestellung zu gehen, und dann,
wenn die Nohkui mit ihrem Kampfraumschiff sich auf eure Hauptstadt
stürzen wollen, zu einem massiven Gegenschlag auszuholen,
indem wir sie mit einem gezielten Feuerkommando restlos vernichten
werden. Wegen dieser Kampfhandlung bitten wir um die Berechtigung,
euren Quadranten passieren zu dürfen und uns einige eurer
Gleiter als Begleit- und Leitpatrouille bis vor eure Hauptstadt zu
geleiten. Wir bitten in den nächsten 25 Minuten um eine
Entscheidung. Unser Code lautet 'Zatareck'. Die genauen Koordinaten
sind bereits abhörsicher an euch gesendet worden. Wir, das Volk
der Chasquiana bedanken uns im voraus.«, las Xarmax dem Hohen
Rat vor.
»Nun, was hält mein getreuer Hoher
Rat davon?«, fragte Xarmax.
»Das wäre wunderbar, und unsere
Rettung, Heiliger Xarmax.«, erwiderte der gesamte Hohe Rat.
»So, und dass es vielleicht eine Falle sein
könnte, daran hat von euch noch keiner gedacht, was?«,
ärgerte sich nun Xarmax ein bisschen.
»Na ja, viel Auswahl haben wir in dieser
kurzen Zeit ja nicht mehr, wenn ich in aller Bescheidenheit bemerken
dürfte, eure Heiligkeit.«, sagte einer des Hohen Rates
gewagt aber dennoch ehrlich, was Xarmax am meisten zu schätzen
wusste.
»Nun gut, das ist wenigstens ehrlich
gesprochen, aber seid gewarnt, lasst es euch nicht zu Kopf steigen.
Wir werden ja sehen, ob es eine Falle ist oder nicht. Ob diese
Chasquiana wirklich existieren. Wir werden mit den Chasquiana vom
Planeten Nartahu zusammenarbeiten. Ihr werdet gleich an die Arbeit
gehen. So speichert und sendet anschließend folgendes: "Wir, das
Volk der Goderijaner vom Planeten Goderijan heißen euch aufs
Herzlichste in unserem Quadranten willkommen. Wir schicken sofort vier
Gleiter, um euch vor unsere Hauptstadt, wie gewünscht, zu
geleiten. Ich, der Heilige Xarmax, natürlich im Namen meines
gesamten Volkes, freue mich schon auf eure Begegnung und auf die
Begrüßung eures Kommandanten der Flotte."«
So war für die nächsten Stunden eine
gewisse Sicherheit gewährleistet. Auch Xarmax' Intuitionen
ließen ihn meistens nicht in Stich. Und bei dieser willkommenen
Hilfe hatte er ein sehr gutes Gefühl. »Ja, wahrlich, diese Nohkui
müssen ja ganze Welten geplündert haben. Das ist nämlich
nach den Apaloss schon das zweite Volk, das diese Bestien
durchs Weltall jagt. Ich hoffe inständig, dass wenigstens diese
Chasquiana fähig sind, den Nohkui endgültig den Garaus
zu machen.«, dachte sich Xarmax so nebenbei. Und widmete sich seinen
Aufgaben als Regent weiter.
*
Unterdessen wieder auf dem Mutterschiff Surenech:
So weit, so gut, hatten sich alle von dem
Schrecken erholt. Die Bombe wurde deaktiviert und der Spion, der sich
als Nohkui entpuppte, in Gewahrsam genommen und anschließend
in eine Art Tiefschlaf versetzt. Dort sollte der feindliche Nohkui
in seiner Tiefschlafphase verweilen, und zwar so lange, bis der Heilige
Xarmax über sein Schicksal entschied. Die Fahrt der Surenech
ging unbeirrt weiter. Und Lyr folgte den Anweisungen seines
Schöpfers, des Heiligen Xarmax, und folgte weiterhin dem
vorgegebenen Kurs zu dem Quadranten 47439, che, xx.3246 Dechall.
Auch Lyr wurde zunehmend nervöser. Schon
bald - Oder geschah es sogar in diesem Augenblick? - würden die Nohkui
mit ihrer gefährlichen Fracht Goderijan angreifen, dachte sich
Lyr insgeheim. Und während Lyr nachgrübelte, empfing er
auch schon eine Nachricht, natürlich codiert, über sein
Nachrichtenmodul. Was auch seine Schützlinge sogleich bemerkten,
weil ja Lyr, wenn er Signale oder codierte Nachrichten empfing, immer
gleich mit seinen Augen rollte und ein eigenartiges Leuchten
widerspiegelte. Gespannt warteten sie, bis Lyr
seine Nachricht erhalten hatte. Nach einer gewissen Weile war es dann soweit,
und Lyr gab ein leichtes Lächeln von sich. Es war winzig, aber
dennoch zu sehen.
»Lyr, was gibt es Neues?«, fragte
mal wieder Gregor als erstes.
»Wie kommt ihr denn darauf, dass ich etwa
eine Nachricht erhalten habe?«, fragte nun Lyr, neugierig
geworden.
»Ach du meine Güte, Lyr. Du glaubst
doch nicht allen Ernstes, dass du Geheimnisse vor uns haben kannst.«,
äußerte sich nun Katja.
»Genau, und wir werden dir auch nicht
verraten, woher wir es wissen.«, sagte nun Sarah lächelnd
und frech.
»Na schön, ihr Quälgeister. Wie
ich euch kenne, werdet ihr sowieso keine Ruhe geben, ehe ich es euch
nicht sage. Na, habe ich Recht?«, fragte Lyr?«
»Ganz genau.«, erwiderte Susanne.
»Ich habe eine weniger gute und eine gute
Nachricht vom Heiligen Xarmax erhalten. Also, welche wollt ihr als
erstes hören, fragte Lyr hinauszögernd.«,
»Dann sage uns bitte als erstes die
schlechte Nachricht.«, bat Norman.
Ja, vieles wurde nicht ausgesprochen. Sie
hatten allesamt so langsam die Schnauze gestrichen voll. Wenn sie Lyr
den Androiden nicht hätten, der sie regelmäßig mit
brandneuen Nachrichten überraschte, würde die gesamte
Truppe höchstwahrscheinlich den Verstand verlieren. Kein Wunder
auch, da sie nun ja schon so viele Jahre in diesem Raumschiff, wo
es ihnen eigentlich an nichts mangelte, eingesperrt waren. Lyr war
stets ein guter und getreuer Freund. Er wusste, wie sich die
gesamte Gruppe zur Zeit fühlte. Und es machte ihn sehr
traurig, ja zudem nachdenklich. Oft saß Lyr an seinem
Beobachtungsfenster und grübelte und grübelte, wie er seine
Gruppe jeden Tag ein bisschen mehr aufheitern konnte.
»So soll es dann geschehen: Die weniger
gute Nachricht ist, dass wir bis auf Weiteres unseren Kurs halten
sollen.«
»Und was ist da weniger gut dran?«,
fragte Gregor mal wieder nichts verstehend.
»Na, das ist doch klar, Gregor. Das
bedeutet doch, dass der Angriff noch nicht stattfand und noch
aussteht. Stimmt es, Lyr? Habe ich Recht?«, fragte nun
Sarah.
»Ja, Sarah, da liegst du gar nicht
falsch.«, gab er Sarah Recht.
»Und die gute Nachricht, Lyr, was ist die
gute Nachricht?«
Im Nu horchten allesamt auf und spannten, wie man so schön sagt,
ihre Löffel auf, ja, spitzten ihre Ohren.
»Die gute Nachricht ist: Unser Volk
bekommt unerwartet, wie sagt ihr Menschen doch immer,
Schützenhilfe.«, gab Lyr im Worteifer von sich.
»Hilfe, aber von wem denn?«, eine
berechtigte Frage, die da Katja stellte.
»Von einem Volk, das sich die Chasquiana
nennt.«, erklärte Lyr.
»Chasquiana, ein seltsamer Name!«,
äußerte sich nun Peter.
»Und wo kommen die denn her?«,
fragte Stephan neugierig geworden.
»Unser Heiliger Xarmax ließ mich
wissen, dass
diese tapferen und neuen Freunde von einem Planeten kommen, den sie
Nartahu nennen. Außerdem sollen die Chasquiana nur wenige
Stunden von unserem Planeten Goderijan entfernt sein und sich somit
in der Lage befinden, unser Volk bei dem Angriff der Nohkui zu
verteidigen.«
»Mann, Lyr, das ist wirklich eine gute
Nachricht.«, freute sich Katja über die neue Situation.
Auch der Rest der Gruppe schätzte sich glücklich, weil
sich damit ihre Chancen, auf Goderijan zurückkehren zu dürfen,
um ein vielfaches erhöhten. Der Gruppe Wunsch war es, durch
Normans und Katjas Eigenschaften die in ihnen ruhenden Kräfte
mit Hilfe des Heiligen Xarmax freizusetzen. Und somit die Dogon
von ihrer schrecklichen Krankheit, an der sie seit Generationen
leiden, zu heilen. Dann, um endlich alsbald ihre Heimreise in ihre
eigene Galaxie, zu ihrem geliebten Planeten Erde antreten zu können.
Trotz alledem ging die Reise zu dem Quadranten
Dechhall wie geplant weiter. Die Gruppe hatte nun Zeit, sich ihren
eigenen Aufgaben zu widmen. Der eine beschäftigte sich damit,
in sein Tagebuch zu schreiben, der andere ging in einen
gemütlicheren Teil über, indem er sich ein Nickerchen
gönnte. So baute jeder für sich seinen eigenen Stress ab,
indem er Tätigkeiten ausübte, die im eigentlichem Sinne
überhaupt nicht wichtig oder gar nötig gewesen wären.
Etwas später in Normans Quartier:
Norman war gerade dabei, seine pechschwarzen Lederschuhe auf die
altbewährte Art und Weise zu schmieren und zu polieren und wenn
nichts dazwischen kam, tat er es täglich. Danach überprüfte
er seine Schuhe aufs Peinlichste genau. Er musste sich quasi darin
spiegeln können, sonst akzeptierte er seine eigene Arbeit nicht
und fing eben noch mal von vorne an.
Doch irgendetwas gefiel ihm heute ganz und gar
nicht. Er war unruhig und zappelig, begleitet von einem unguten
Gefühl. Oh nein, nicht schon wieder, dachte sich noch Norman, als
es plötzlich an seine Tür klopfte. Obwohl Norman genau
wusste, wer hier an seine Tür klopfte, rief er »Wer da?« Unter einem leichten
Quietschen öffnete sich die Tür.
»Was soll denn das, Norman? Du weißt doch
ganz genau, dass ich es bin und weswegen ich komme, oder etwa
nicht?«, ärgerte sich Katja.
»Ja, sicher doch. Ich weiß ja, dass du
genau wie ich mal wieder ein ungutes Gefühlt hast.«,
stellte Norman fest.
»Ich würde zu gerne wissen, was da
mal wieder auf uns zukommt.«, sagte Katja etwas nervös
geworden.
»Du sagst es, Katja. Mir geht es genau wie
dir. Immer das Gleiche. Was nützt uns die Vorahnung, wenn wir
nicht mal wissen um was es jedesmal geht.«, ärgerte sich
Norman zunehmend.
»Tja, Norman, da wären wir waschechte
Wahrsager.«, stimmte Katja Norman zu.
»Na dann, warten wir es ab. Ich gehe dann
mal wieder, also, bis zum Abendessen?«, sagte Katja.
»Gut, Liebes, bis dann.«, erwiderte
Norman.
Gerade als sich Katja in Richtung Tür
bewegte, blieb sie plötzlich unverhofft stehen, drehte sich zu
Norman um und starrte ihn mit einem entsetzten Blick an, so dass es
Norman eiskalt den Rücken hinunterlief.
»Was ist denn mit dir los, Katja?«,
fragte Norman, kreidebleich geworden.
Doch Katja gab ihrem Bruder keine Antwort. Norman verhielt sich nun
ganz still, bis ihm schließlich selbst etwas auffiel.
»Katja, ich weiß was du hast! Vermisst du
denn nicht auch etwas?«, sprach Norman irgendwie in Rätseln,
doch Katja wusste, was er meinte.
»Ja, nämlich nichts.«, äußerte
sich nun Katja auf Normans Fragen.
»Ja, Katja, genau da liegt der Hund
begraben.«, gab er Katja Recht.
Dann ließ sich Norman ganz langsam und
behutsam auf den Fußboden herunter und legte sein rechtes Ohr
auf diesen.
»Und, Norman, was ist, kannst du was hören
oder spüren?«, fragte Katja zitternd.
»Nichts, absolut nichts. Die Surenech
steht, ja, sie fliegt nicht mehr.«, sagte Norman zu Katja, die
wie erstarrt weiter lauschte.
Norman und Katja, und gewiss auch die anderen
der Gruppe, waren es gewohnt, dieses leise Summen und eine kaum
spürbare Vibration wahrzunehmen, die das Mutterschiff bei Licht
oder Hypersuptinar-Geschwindigkeit von sich gab.
Das Mutterschiff kam wahrhaftig zum Stehen.
Norman und Katja fühlten schon im voraus, dass etwas im Gange
war.
»Und was jetzt, Norman?«, fragte
Katja ihren Bruder.
»Sicherlich wäre es kein Fehler,
erst einmal Lyr Bescheid zu geben.« Kaum hatte Norman den
Namen des Androiden ausgesprochen, stand er schon längst im
Türrahmen.
»Macht euch keine Sorgen, unsere
Flugtechniker haben alles unter Kontrolle.«, versuchte Lyr
die beiden zu beruhigen.
Was ist denn passiert?«, fragte Katja Lyr.
»Unser Hypersuptinar-Antrieb ist außer
Kontrolle geraten.«, sagte Lyr so ganz locker.
»Ja, und wie soll es denn nun
weitergehen?«, fragte Katja.
»Unsere Techniker arbeiten schon
daran und werden sicher bald den Fehler behoben haben.«,
erklärte Lyr.
»Dann wisst ihr also gar nicht, worin der
Fehler liegt, oder liege ich da falsch?«, fragte Norman.
»Zum jetzigen Zeitpunkt tappen wir, genau
wie ihr Menschen doch immer beliebt zu sagen, völlig im Dunkeln,
leider.«, äußerte sich Lyr dazu.
»Na bestens, das passt ja alles schön
zusammen. Wir werden wohl oder übel als Weltraummüll enden
müssen.«, klagte Katja energisch.
»Jetzt mal doch nicht gleich den Teufel
an die Wand, so schlimm wird es doch bestimmt nicht werden, oder,
Lyr?«, wollte Norman wissen.
»Das glaube ich auch nicht. Unsere
Techniker sind natürlich die Spezialisten schlechthin.«,
gab Lyr mal wieder siegessicher an.
»Aha, ich bekomme gerade eine Nachricht
von unseren Technikern.«, sagte Lyr ruhig und tröstend.
Ein kurzes Warten und Lyr wusste, in welcher Lage sich alle im
Augenblick befanden.
»Na, Lyr, spann uns doch nicht so auf die
Folter. Was ist nun mit dem Antrieb?«, fauchte Katja den
Androiden an.
»In Geduld sich üben ist eine
Tugend, meine liebe Katja und Norman. Doch sei's drum. Wir werden
wohl oder übel die nächsten sechs bis acht Stunden
antriebslos bleiben. Was bedeutet, dass wir unseren Raumflug in
dieser Zeit nicht fortsetzen können.«
»Ja, ist das denn so schlimm?«,
wollte Norman wissen.
»An was liegt es denn?«, fragte
Katja neugierig geworden nach.
»So viel wie meine Techniker feststellen
konnten, gerieten wir in irgendeine Art von Strahlung, die unseren
Hypersuptinar-Antrieb außer Betrieb setzte.«, sagte
Lyr.
»Sag mal, Lyr, hier auf dem Mutterschiff
funktioniert doch fast alles, einschließlich der Computer, oder
täusche ich mich da?«, fragte nun Norman.
»Ja, wieso fragst du mich das?«,
wollte Lyr wissen.
»Na, dann ist ja auch der Hauptcomputer
betroffen, oder?«, fragte Norman.
»Das ist aber nicht so ganz richtig,
denn die wichtigsten Dinge, so wie die Lebenserhaltungssysteme sind
natürlich unabhängig vom Hauptsystem gespeist und das
Hauptsystem, das die nötigen Energien für Licht und Wärme
fördert, ebenso. Auch die Komunikation ist nicht davon
betroffen.«, erklärte Lyr weiterhin.
»Ach, und der Antrieb ist wohl nicht so
wichtig, wie?«, meckerte Katja Lyr an.
»Natürlich, meine Liebe, ist der
Antrieb enorm wichtig, aber der Antrieb hat eben sein eigenständiges
und zudem betriebliches Computersystem, was auch Zeit kostet, ihn
wieder funktionstüchtig zu machen. Außerdem möchte
ich hinzufügen, dass nicht meine Wenigkeit dieses Raumschiff
gebaut hat, sondern ausgezeichnete Ingenieure, Techniker,
Computerspezialisten, Elektroniker usw.«, gab sich Lyr wieder
einmal etwas eitel aus.
»Entschuldige, Lyr, war ja nicht so
gemeint.«, entschuldigte sich Katja.
»Ich bedaure ebenfalls, ich durfte mich
nicht so gehen lassen.«, sagte Lyr.
»Beruhigt euch doch, wir sind alle etwas
durcheinander. Kann doch vorkommen. Wir müssen unbedingt kühlen
Kopf bewahren, das ist das Wichtigste.«, sagte Norman, wo er
nicht einmal so Unrecht hatte.
»Ja, du hast Recht, Norman. Wir sollten
vernünftiger sein.«, ergänzte Katja seine Gedanken.
»So, meine Lieben, es ist bald Abendessen.
Wir sollten schon mal zum Treffpunkt am Lift gehen.«, erinnerte
Lyr die beiden.
Und als sie sich auf dem Flur befanden und
nach rechts guckten, sahen sie schon den Rest der Gruppe, die
anscheinend vor dem Lift auf sie warteten. Dass Essen ging meist
stetig vonstatten und artete sich meistens zu einer reichlichen und
wortgewandten Diskussion aus, so dass sich die abendliche Runde
zeitlich um einiges ausdehnte. Wie immer ging die Runde natürlich
geschlossen, geführt von Lyr, bis zum Lift. Danach
verabschiedeten sie sich von Lyr dem Androiden und verschwanden, ein
jeder für sich, in ihren zugehörigen Quartieren. Bis auf
Norman und Katja, die gelegentlich auf dem Flur stehen blieben, so
wie heute, um mit Lyr etwaige Ungereimtheiten zu bereden.
»Ah, wie ich sehe wünschen meine
beiden Lieblingsmenschen mal wieder eine Unterredung mit mir.«,
fragte Lyr sich vergewissernd und amüsiert.
»Ja, Lyr, wie immer hast du uns mal wieder
durchschaut.«, gaben beide ihm Recht. Norman und Katja wussten,
dass Lyr sehr gerne Recht behielt und wenn sie es ihm bestätigten, wurde er
besonders gesprächig, was natürlich für die beiden
zumindest ab und an von äußerster Wichtigkeit war.
»Ich danke euch für euer Interesse,
meine Lieben. So sagt mir, was ihr wissen wollt.«, forderte
Lyr.
»Natürlich, gerne.«, sagte Katja.
»Lyr, wir wollten eigentlich nur wissen,
was nun mit diesem Nohkui passiert, wenn alles gut geht und wir
wieder nach Goderijan können?«, fragte Norman sich etwas
zurückhaltend.
»Das will ich euch gerne beantworten,
meine Lieben. Wie ihr ja bereits wisst, sind wir kein Volk der
Gewalt. Deshalb werden wir diesen Gefangenen unserem Heiligen Xarmax
übergeben.«, erwiderte Lyr nachdenklich.
»Sag mal, Lyr, was tut ihr im Allgemeinen
mit denen, also euren Goderijanern, die sich nicht an die eigenen
Gesetze halten?«, fragte Katja neugierig.
»Wir richten sie, was sonst.«,
erwiderte Lyr sehr ruhig und aufhorchend.
»Gewiss richtet ihr sie, aber was Katja
meinte ist, wie dieses Richten vor sich geht. Auf welche Art ihr es
tut?«, fragte nun Norman scharf.
»Genau, Lyr.«, drängte Katja
weiterhin.
»Die, die unseren Heiligen Xarmax' Gebote
brachen, oder noch brechen werden, überantworten wir dem Nibboch,
also in die Kammer der Erlösung.«, erklärte Lyr mit
stolzem Gesichtsausdruck.
»In die Kammer der Erlösung, sagst
du?«, warf Norman ein.
»Ja, in die Kammer der Erlösung.«,
bestätigte Lyr.
»Aber was geschieht denn in dieser
Kammer mit den Verurteilten?«, fragte Norman nicht
nachlassend.
»Sie werden erneuert.«, antwortete
Lyr.
»Sie werden erneuert?«, wiederholte
Katja.
»Ja, sie werden erneuert, in ihrem Geiste
und ihrer Seele.«, gab wiederum Lyr stolz von sich.
»Du meinst, sie werden nicht jahrelang
eingesperrt oder gar hingerichtet werden?«, wollte Katja
wissen.
»Was? Wir sind doch keine Barbaren. Oh,
verzeiht mir, das wollte ich nicht sagen. Ich habe kein Recht, euch
in euren Verhaltensweisen zu kritisieren, oder gar zu belehren. Trotz
alledem ist mir bekannt, dass ihr, genau wie auch auf so vielen
anderen Welten, solche Handlungsweisen auf jede erdenkliche Art und
Weise praktiziert. Dennoch könnten wir eine solche Art
der Vergeltung für ein Unrecht, das begangen wurde, mit nichts
rechtfertigen. Für uns käme dies nicht in Frage, es wäre
undenkbar.«, antwortete Lyr etwas eisig.
»Ist denn die Erneuerung Abschreckung
genug? Ich meine, wie ist es denn, erneuert zu werden, und was mich am
meisten interessiert ist, was genau geschieht mit dem Gerichteten
dabei. Muss er vielleicht Schmerzen ertragen?«, löcherte
sie Lyr förmlich mit vielen Fragen.
»Fragen um Fragen Katja, die du mir
stellst. Mir scheint es so, als empfindest du Mitleid mit dieser
Kreatur von Nohkui?«, deutete Lyr an.
»Nein, Lyr, da täuschst du dich aber,
ich habe durchaus kein Mitleid mit dieser Bestie, ich bin nur
neugierig.«, verteidigte sich Katja aufs Schärfste.
»Nun, so sei es. Trotzdem will ich dir
antworten. So höre genau zu: Was wir im Vergleich mit diesem
Nohkui tun, ist um ein Vielfaches humaner, als was diese Kreatur mit
uns tun würde. Diese Kreatur des Chates, nun ihr würdet es
als eine Art Teufel bezeichnen, würde keinen Augenblick zögern,
euch zu töten. Diese Kreaturen, die höllischen Ausgeburten des so
unendlichen Universums, zeigen oder haben sogar keinerlei Gefühle
oder Emotionen. Sie sind einzig und allein geboren worden, um eine
Aufgabe zu erfüllen, nämlich zu töten, zu plündern,
zu zerstören und sich zu vermehren um ihre Art zu sichern,
koste es was es wolle. Sie würden lieber sterben, als nur einen
einzigen Millimeter von diesem Ziel abzuweichen. Sie sind sozusagen ein
fast perfektes Säuberungs-Organ des Universums, man könnte
sie auch als Aasgeier des Universums bezeichnen, wobei diese Vögel
ja eigentlich noch nützlicher sind als diese Nohkui. Doch will
ich nun Katjas Frage beantworten. Wenn jener Gerichtete in die
Kammer der Erlösung gebracht wird, werden all seine
Erinnerungen, all seine Träume und all seine Gefühle wie
Sehnsüchte, zudem all sein bisheriges Wissen und so weiter und
so fort getilgt.
Es wird alles, was ihn einst einen Goderijaner
sein ließ, aus seiner Körperhülle entzogen, sozusagen
sein Geist und seine Seele auf ewig verbannt.«, erklärte
Lyr im völligen Eifer.
»Sozusagen ein lebendiger Toter, meinst
du das, Lyr? Findest du nicht auch, dass das was ihr da tut, nicht
auch grausam ist?«, sagte Norman aus Überzeugung.
»Das, mein lieber Norman, glaube ich
nicht, es wäre grausam, wenn wir jenen in diesem Zustand
beließen, doch dem ist nicht so.«, konfrontierte Lyr
Norman.
»So, dann erkläre mir mal, was nach
dem Geist und dieser Seelenbehandlung mit jenem geschieht?« Norman wurde langsam aber sicher wütend.
Doch er konnte sich wie meistens unter Kontrolle halten. Was ihn zu
einem Meister seinesgleichen, und darüber hinaus zu einem
Meister eines gesprächlichen Taktikers machte.
»Das ist, mein lieber Norman, ganz
einfach zu erklären: Diejenige, die gerichtet wurden, bekamen
auf Geheiß unseres Heiligen Xarmax, des Xarmax' neuen Geist und
Seele.«, erklärte Lyr.
Du meinst, es wird ihnen der Wille des
Heiligen Xarmax eingeimpft, so ähnlich wie aufgezwungen?«,
unterstrich jetzt Norman.
»Durchaus nicht, mein Lieber. Ich sagte
doch, dass sie erneuert werden.«, rechtfertigte sich Lyr.
»Was? Soll das etwa heißen, dass
ihr durch diese Art geistige und seelische Erneuerung sozusagen
einen ganz neu fühlenden und denkenden Goderijaner erschafft?
Das hört sich ja an, als würdet ihr euch eure
Goderijaner selber machen?«, eine gewagte These, die da Norman
aufstellte.
»Natürlich nicht, im Gegenteil, mein
lieber Norman. Wir sind doch keine Gottheit, wie ihr sagen würdet.
Es ist vielmehr, als würde ein neuer Goderijaner geboren werden,
der eine neue Möglichkeit bekommt, sich abermals zu bewähren. Er
kann alles neu erlernen. Durch sein Bewähren zugunsten
aller, also unserem Kollektiv, dem gesamten Volke und
selbstständig, ohne jeden Zwang, ein eigenständiges Leben
leben. Nur mit dem einen Unterschied, dass er ohne jegliche
Erinnerung an sein vorheriges, bestimmtes Dasein bis hin zu seiner
zweiten Vollkommenheit, wie jeder seiner Brüder, zum Wohle des
Kollektivs, das ja im eigentlichen Sinne das ganze Volk darstellt,
widmet.«, erklärte Lyr.
»Bekommt dieser
Nohkui auch nach der Erneuerung die gleiche zweite Chance wie alle eurer Art, um dann wieder
in seinen eigenen Kollektiv seinen festen Platz zu finden?«,
stocherte Norman weiterhin nach.
»Du musst doch verstehen, dass wir bei
dieser so feindlich gesinnten Spezies eine solche Chance nicht in
Erwägung ziehen, also ermöglichen dürfen oder können.
Sie werden zwar erneuert, bekommen aber von unserem Heiligen Xarmax
keinen Hauch von Geist und Seele zugesprochen. Dazu müssten wir
ihn freilassen. Er würde nach einer gewissen Zeit des Erlernens
sofort wieder zu Seinesgleichen zurückkehren wollen und mit
ihnen Morden und Plündern. Solche Individuen kann man nicht
generieren oder gar erneuern.«, erklärte Lyr.
»Aber was geschieht mit all diesen
speziellen Individuen, wenn ihr sie gerichtet habt?«, fragte
Norman.
»Sie werden auf einen Planeten gebracht,
den nur dem Heiligen Xarmax bekannt ist. Das einzige was ich weiß
ist, dass man ihn den Planeten der Aussätzigen nennt. Was aber
mit Sicherheit nicht die richtige Bezeichnung ist. Und Frage mich
nicht, ob ich eingeweiht wurde. Selbst mir ist dieser Planet der
Aussätzigen auch nicht bekannt.«
Lyrs Aussagen wurden immer energischer. Was
natürlich Norman etwas verzückte.
Lyr, dann ist er ja doch auf eine gewisse Art
gestorben, also hingerichtet worden. Denn im Gegensatz zu uns
Menschen, die wir zum Beispiel Mörder töten, berauben wir sie
eigentlich nur ihrer fleischlichen Hüllen, wobei der Geist und
die Seele seine eigene Wahl hat, in höheren Sphären sich
wiederzufinden, beraubt ihr Euresgleichen einfach allem.«,
ärgerte sich nun Norman etwas.
»Da muss ich dir leider widersprechen,
Norman, unsere Gerichteten behalten ihre fleischlichen Hüllen
und bekommen zudem einen neuen Anfang. Also, in eurer Sprache
ausgedrückt, eine neue Chance. Was hingegen, wenn ihr wie du
sagst, eines Menschen Hülle tötet, was, so frage ich dich,
bleibt noch von diesem Menschen übrig? Du sagst, dass der Geist
und die Seele dieses von euch getöteten in höheren Sphären
sich wiederfindet. Wo genau, kannst du mir sagen, befindet sich
dieser Ort, wo jene gerichteten Seelen oder deren Geist weiterhin
existieren?«, korrigierte Lyr Normans Anschuldigung.
»Lyr, ich kann nur eines sagen, und ich
persönlich glaube fest daran: Dass es auch ohne jegliche
künstliche Manipulationen an Geist und Seele einen Ort,
vielleicht sogar einen Garten Eden gibt, wo sich alle Spezies des
gesamten Existierens des unendlichen Universums versammeln und in
Verschmelzung ihres Geistes und der Seele mit Gott auf ewig
vereinen werden.«, erklärte Norman mit einem Leuchten in
seinen Augen, das nun jedwede Worte hinfällig werden ließ.
Auch Lyr dachte ernsthaft über Normans
Worte nach. Und kam zu dem Entschluss, dass es sich bei Norman und
auch bei ihm selbst, nicht um ein Wortgefecht handelte, sondern
vielmehr in eine Glaubenfrage ausartete.
»Mann, Lyr, was ist nur los mit uns? So
hartnäckig fochten wir ja noch nie unsere
Meinungsverschiedenheiten aus.«, gestand nun Norman.
»Da gebe ich meinem Bruder Recht. Wenn
das so weiter geht, bekommen wir alle noch einen Weltraumkoller,
wenn wir ihn nicht schon haben.«, entgegnete Katja mit einem
leichten Schulterzucken.
»Ich muss sagen, dass ich diese
Diskussion sehr genossen habe. Hat von euch jemand noch eine
Frage?«, erkundigte Lyr sich, als hätte gerade eben
überhaupt kein Streitgespräch stattgefunden. In solchen
Situationen konnte Norman immer wieder bei Lyr festellen, dass es
doch, und das trotz seines Emotionschips, gravierente Unterschiede
zwischen Mensch und seinem künstlichen Leben gab. Obwohl er sich
des Öfteren wie ein Mensch verhielt, sozusagen menschliche Züge
zeigte, doch noch im Großen und Ganzen seine elektronische Androiden-Verhaltenweise zum Vorschein kam.
»Danke, Lyr, das wäre es
vorläufig.«, sagte Katja.
»Ich habe auch keine Fragen mehr, Lyr.
Ich werde jetzt in mein Quartier gehen, mich duschen und dann ein
kleines herrliches Nickerchen machen.«, betonte Norman
lächelnd.
»Das ist eine ausgezeichnete Idee,
Norman. Dem werde ich mich anschließen. Nun denn, Lyr, solltest
du uns noch benötigen, weißt du ja, wo wir zu finden sind.«,
sagte Katja ein klein wenig lästernd.
»Gewiss, meine Liebe, gewiss.«
Und alle drei gingen ihres Weges.
*
Weit, weit entfernt vom Mutterschiff, der Surenech, wieder auf Goderijan:
Die Stunden wollten und wollten nicht vergehen.
Xarmax erwartete voller Ungeduld auf das Ankommen der Chasquiana.
Die drei Stunden sollten in etwa fünf Minuten verstrichen sein. Doch
bis jetzt kam noch keine Meldung von den neugewonnenen Verbündeten,
die sich Chasquiana nannten. Eigentlich, so dachte sich Xarmax,
müssten sie ja bereits in unserem Kontrollbereich sein. Und
hoffentlich war es nicht doch eine Falle, die sich diese Nohkui mal
wieder ausgedacht hatten. Denn ganz und gar wurde diese Spezies ja noch
nicht aus dem Verkehr gezogen. Außer jene, die Goderijan
angreifen und mit vernichtenden Explosionsstoffen an Bord seine
Hauptstadt Bonchach (Stadt des Friedens) zu zerstören
beabsichtigten, waren da ja noch jene auf dem Außenplaneten
Sinas. Die sich, wie schon bekannt, vor einiger Zeit die
unterirdische Stadt unter den Nagel gerissen hatten. Und wer weiß,
vielleicht gab es ja noch einige Stämme irgendwo im unendlichen
Universum da draußen.
Xarmax lief wieder einmal von einem Ende des
Thronsaales zum anderen Ende hin und her. Die Zeit war nun eine
Minute über die verabredete verstrichen. Dann bekam Xarmax eine
codierte Meldung aus dem Computer, der sich im Schreibtisch befand.
Xarmax stürzte förmlich von dem Ende, wo er sich gerade
befand, in Richtung seines Schreibtisches und strich mit seiner
linken Hand ganz sanft über eine nicht sichtbare Art von
Sensoren, wobei sich der Hohe Rat meldete.
»Seine Heiligkeit, es ist gerade eine
Nachricht von den Chasquiana für euch eingetroffen. Soll ich
Sie nun verbinden?«, fragte eines der Mitglieder des Hohen
Rates.
»Aber natürlich, ich bitte darum.«,
entgegnete der Heilige Xarmax.
»Seid gegrüßt, oh mächtiger
und Heiliger Xarmax.«, dröhnte es durch den Raum.
»Auch ich erwidere euren freundlich
gesinnten Gruß. Mit wem habe ich die Ehre nun zu sprechen?«,
erwiderte und fragte Xarmax.
»Ich bin der große Olep, der
führende Kommandant unseres Kampfraumgeschwaders und stehe
eurem Volke zur Verfügung.«, berichtete Olep der
Kommandant.
»Ich freue mich, euch wohlbehalten zu
hören. Ich und mein Volk der Goderijaner warteten schon voller
Ungeduld auf euer Eintreffen. Ich werde euch augenblicklich und wie
versprochen vier meiner Raumgleiter als Geleit entgegensenden. Sie
werden euch zu dem genauen Angriffspunkt im Vorausflug führen.
Von wo ihr dann nach eurem Ermessen das Kampfschiff der Nohkui bei
Annäherung an meine Hauptstadt Bonchach angreifen und zerstören
könnt.«, erklärte Xarmax nervös und dennoch
couragiert.
»Verzeiht meine Zweifel, Heiliger Xarmax,
was macht euch so sicher, von welcher Seite her, ob von West von Ost,
Nord oder Süd, die Nohkui über eure so gigantisch große
Stadt mit ihrem Kampfschiff einfallen wollen?«, fragte Olep
der Kommandant des Geschwaders.
»In diesem Bezug könnt ihr euch auf
mich verlassen. Diese Nohkui wollen sich bestimmt und absolut sicher
sein, dass auch ich bei ihrem Angriff sterben werde.«
»Nach unserem jetzigen Kurs auf eure
Stadt schätze ich, dass es im südlichen Bereich geschehen
wird. Habe ich Recht?«, fragte Olep den Heiligen Xarmax.
»Genau, und aus dieser Richtung werden Sie
kommen, um sich mit ihrer gefährlichen Fracht auf die Stadt zu
stürzen und somit eine fatale explosive Kettenreaktion
auszulösen.«, unterwies Xarmax den Kommandanten Olep.
Wir, die Chasquiana vom Planeten Nartahu,
schätzen uns sehr glücklich, soviel Vertrauen von Ihnen
und Ihrem Volk genießen zu dürfen. Wir werden diesen
Kampf zum Gedenken an alle bisher schon Gefallenen und von den Nohkui
vernichteten oder geplünderten Welten gewinnen. Das geloben
wir.«
Mit diesem Versprechen war der Pakt endgültig
geschlossen. Von nun an gab es für die Chasquiana kein Zurück
mehr. Sie waren ein sehr stolzes Volk und würden ihr Wort
niemals brechen, koste es, was es wolle, sie mussten und würden
bis zu ihrem letzten Kampfschiff und Mann kämpfen, wenn es sein
musste, um dieses feindliche Kampfschiff der Nohkui zu vernichten.
Einige Minuten vergingen und Xarmax bekam die
Nachricht, dass seine neuen Verbündeten, die Chasquiana, an dem
von ihm angegebenen Angriffpunkt, Stellung bezogen hatten und auf die Nohkui
warteten. So, das wäre nun auch geschafft. Ich hoffe, dass
unsere Verbündeten die Nohkui vernichten werden, bevor es diesen
möglich ist, sich auf meine Stadt zu stürzen, dachte sich
Xarmax insgeheim.
Etwas später, Xarmax saß gerade vor
seinem Schreibtisch, da rührte sich mal wieder seine Melde- und
Signalanlage. Xarmax strich leicht mit seiner rechten Hand über
seine Sensoren und es meldete sich das Außenpostenteam, das
er schon vor einiger Zeit ausgesandt hatte. Das Team hatte die Aufgabe,
einige hundert Abtast-Sendebojen am Rande einer gewissen Zone,
die Bhandarr hieß, auszusetzen, wo auch die Nohkui, passieren
mussten. So befand sich das Team in der Lage, Xarmax rechtzeitig zu warnen, ehe die Nohkui
angriffen, und sich auch noch selbst in Sicherheit, also außer Reichweite zu bringen.
Die Hauptstadt Bonchach wirkte wie leergefegt.
Und in den saftig grünen Parkanlagen, wo sich noch am Vortag
ganze Familien getroffen hatten, ja die Kinder sich nach Herzenslust und mit
Freude austoben konnten, ebenso. Bonchach wirkte wie ausgestorben.
Tausende von unterirdischen Bunkern waren, anders konnte man es
nicht bezeichnen, brechend voll und diejenigen, welche keinen
Platz mehr in diesen Schutzeinrichtungen gefunden hatten, blieben entweder in
ihren Häusern, oder flüchteten aus Verzweiflung in die
Wälder, in denen sich einige große Höhlenformationen
gruppierten, wo sie einigermaßen Schutz fanden. Eine
unheimliche und bedrückende Stille beherrschte die Hauptstadt
von Goderijan. Auf dem ganzen Planeten gab es nur eine einzige Hauptstadt
und das war Bonchach. Aber dafür Millionen von kleineren
Städten, nun man konnte sie auch als größere Dörfer
bezeichnen. Und jede einzelne kleinere Stadt wurde von weiteren
Räten verwaltet. Diese weiteren Unterräte wurden wiederum
vom Hohen Rat der 29 verwaltet und der Hohe Rat der 29, wie uns
bereits bekannt ist, wird direkt vom Heiligen Xarmax befehligt. Es
gab also keine Könige oder ähnliche Monarchen, die irgend
ein Land als ihr Eigen bezeichnen konnten und somit auch keine
Grenzen, die dies belegen würden. Nun, keine Grenzen, also auch
kein eigenes Land. Kein eigenes Land, also auch kein König. Ein
wirkungsvolles und dennoch einfaches System. Der einzig wahrhafte
und allein Regierende war und wird immer ein Xarmax sein.
Xarmax saß regungslos und stumm an
seinem Schreibtisch. Noch wenige Minuten und das Kampfschiff der
Nohkui wird für die Chasquiana auf ihren Sensoren sichtbar
sein und sie werden zum Angriff übergehen. Xarmax würde, so war
es mit den Verbündeten festgelegt worden, erst wieder eine
Nachricht erhalten, wenn der Kampf entschieden ist. So und auf diese
Art sollten Irrtümer gänzlich ausgeschlossen werden.
Selbst Xarmax' Versuch, den Kampf abzubrechen, aus welchem Grund auch
immer, würde von vornherein zum Scheitern
verurteilt sein. Es gab nun kein Zurück mehr. Doch das Warten
auf die befreiende Meldung der Chasquiana, die Nohkui endgültig
besiegt zu haben, wurde sowohl für Xarmax als auch für das Volk,
das Höllenängste ausstand, schier unerträglich.
Kapitel 18, Flucht vom Planeten Goderijan, Teil 3
Anfang und Kapitelübersicht
© 2012 by Peter Althammer
|