Zu den Grenzen des Planeten Goderijan

Science Fiction Roman von Peter Althammer

Kapitel 16

Die Rettung

Am nächsten Morgen auf dem Mutterschiff im Konferenzraum des Hohen Rates,
Zeit: 6 Uhr 30
Grund des Zusammentreffens: Dass Eintreffen einer Nachricht des Heiligen Xarmax.
Verständigung: Mitteilung wurde übersetzt in die Sprache der Menschen.

»Ich begrüße Sie, Hohe Herren des Rates. Ich habe sie hier einberufen, um nun einmal mehr über unsere Gäste von dem Planteten Erde zu beraten. Wie mir soeben von unserem Heiligen Xarmax verkündet wurde, ist es ihm ein tiefes Bedürfnis, die Menschen in absoluter Sicherheit zu wissen. So riet mir der Heilige Xarmax, eine Eskorte auf Sinas zu entsenden, das Ziel des viertägigen Urlaubs der Menschen, gewissermaßen als zusätzlichen Schutz, was ich sogleich unserem Heiligen Xarmax zu seiner vollsten Zufriedenheit bestätigte. Zudem ging dieser Entscheidung, die unser Heiliger Xarmax fällte, ein Traum voraus. Schon gleich sollten wir dem Wunsch unseres Heiligen Xarmax entsprechen und in die Tat umsetzen.« Der Hohe Rat wusste schon um die Dringlichkeit der Order des Heiligen Xarmax, so dass er umgehend eine Eskorte von 25 Dogon in einem weiteren Raumgleiter zum Planeten Sinas anordnete. Sie wiegten sich in die Hoffnung, dass alle der Runde der Menschen sich in Sicherheit befanden und heil und gesund wieder auf das Mutterschiff zurückkehren würden.

Trotz der Sorge um ihre Gäste kannten sie die Tauglichkeit und Perfektion des mitgesandten Androiden Lyr. Einen Androiden, der mit absolutem Prinzip sämtlichen Situationen durchaus gewachsen war. Seine Fähigkeiten, aus bestimmten Situationen zu lernen und sie geschickt einzusetzen, ist in seiner Klasse unersetzlich, wenn nicht gar einzigartig.


*

Auf Sinas, nur wenige Zeit später, im Versteck der Runde:
 

Nachdem sich Lyrs Ruhezustand automatisch ausschaltete und sich seine Lebensenergie wieder verdoppelte, gab er ein Stöhnen der Erleichterung von sich, wobei er, natürlich ungewollt, die ganze Runde aus dem Schlaf riss und sie in helle Aufregung versetzte. Gregor war natürlich mal wieder der schnellste, wenn es gefährlich wurde. Mit einem Ruck sprang er auf, trampelte wie ein wildgewordener Schimpanse über Mary und Sarah hin weg, die gerade durch Lyrs Freudenschrei aufgeschreckt worden waren.

»Mensch, Gregor, du Trampel, kannst du nicht besser aufpassen wohin du trittst?«, schrie Mary ihn an.

»Entschuldige bitte, aber jemand hat doch eben noch geschrieen, oder habe ich das etwa geträumt?«, fragte Gregor nach.

»Nein, das hast du nicht. Ich muss mich für mein zu lautes Gezeter entschuldigen. Aber dieser morgendliche Energiegenuss hat mich im wahrsten Sinne des Wortes glatt von den Füßen gehauen.«, bekräftigte Lyr.

So allmählich rafften sich alle aus ihrem molligwarmen Schlafplatz auf und begannen, ihre zu dickwarme Kleidung, die sie am Vorabend anzogen, wieder in ihre Gepäcktaschen einzupacken.«, während Lyr derweil zehn Pillen für das Frühstück zusammenzählte, um sie dann mit etwas Wasser zu verteilen.

Als nun alle ihre Ration zu sich genommen hatten und auf eine weitere Idee seitens Lyr warteten, begann sich Lyr auf einmal sehr merkwürdig zu verhalten. Lyr drehte erst seinen Kopf in Richtung der zirka dreihundert Meter entfernten Lichtung und rollte wie schon so oft heftig mit seinen azurblauen Augen, die dabei in ihrer pulsierenden Leuchtkraft an Intensität zunahmen.

»Lyr, was hast du denn?«, fragte Sarah erstaunt.

»Ja, was ist denn mit dem los?«, drängte sich Gregor dazwischen.

»Wenn Lyr mit seinen Augen rollt und leuchtet, sage ich euch, dann ist was im Gange.«, bestätigte Katja der Runde.

»Ich würde vorschlagen, dass ihr euch nun in Deckung begebt, meine Sensoren orten in diesem Moment ein Raumfahrtzeug, dass sich sehr schnell der Lichtung nähert.«, meldete Lyr in geübter Haltung.

»Was, ich kann nichts hören.«, sagte Gregor aufgeregt.

»Na, Lyr? Weißt du schon, um welche Raumschiffklasse es sich denn handelt?«, wollte nun Norman wissen.

»Nein, noch nicht, Norman, aber bald.« Da lagen sie nun auf dem Boden innerhalb ihres notdürftig erbauten Lagers, umgeben von Büschen und Blätterwerk. Man sah ihnen an, dass sich die Angst, entdeckt oder gar getötet zu werden, auf ihren Gesichtern abzeichnete. Absolutes Schweigen herrschte nun unter ihnen. Nur noch so mancher zittriger Atem jener war zu hören, die der ständigen Anspannungen nicht gewachsen waren. Es nahm zu, dieses ohrenbetäubende Geräusch, diese Eigenheiten, die Raumschiffe beim Flug des Startens und der Landung von sich gaben und dabei ihre geballten Energien freisetzten. Plötzlich ein kleinlauter Aufschrei von Sarah.

»Da, Lyr, zwischen den Bäumen, ich konnte es für einen Augenblick sehen.«, deutete Sarah sehr aufgeregt.

»Beruhige dich doch, Sarah. Sagte Susanne, die ihrerseits die ganze Aufregung mit einem würgenden Schlucken zu verdecken versuchte.

»Lyr, was ist denn nun, weißt du jetzt, was für ein Raumfahrzeug es ist.«

Also, was sagen deine Sensoren?«, drängte jetzt Gregor.

»Meine Sensoren sagen mir, dass es ein Raumgleiter unserer Klasse ist.«, gab Lyr so mir nichts dir nichts zu, ohne auch nur ein winziges Zeichen der Nervosität an den Tag zu bringen.

»Was, warum um Himmelswillen, verstecken wir uns eigentlich noch? Lasst sie uns rufen, bevor sie wieder wegfliegen.«, krächzte Gregor förmlich. Mit einem Satz stand Gregor auf und setzte zum Anlauf über die künstlich errichtete Abgrenzung aus Baumstämmen, Zweigen und Büschen an, um dann in Richtung der Lichtung zu stürmen. Jedoch wusste Norman das zu verhindern. Norman sprang mit einem gekonnten Hechtsprung Gregor entgegen, wobei er ihn an den Füßen packte und zu Boden warf.

»Mensch, Norman, bist du jetzt von allen guten Geistern verlassen? Lass mich gefälligst los, du Blödmann. Ich muss dahin, seid ihr denn alle blind?«

»Gregor, drehe jetzt nicht durch. Wir wissen doch gar nicht, ob es sich vielleicht um die Saboteure handelt?«, versuchte Norman Gregor klarzumachen.

»Was meinst du mit Saboteuren? Hast du denn nicht Lyr gehört? Er sagte, dass es einer unserer Raumgleiter sei. Das stimmt doch, Lyr, oder?«, jetzt war es soweit, Gregor verlor seine Haltung. Er war sichtlich mit seinen Nerven am Ende. Gregor schaute zu Lyr auf und hoffte auf eine Verteidigung seitens Lyrs. Doch Lyr gab keine Antwort.

»Was ist denn mit dir los, Lyr? Warum sagst du denn nichts?«

»Gregor, verstehst du nicht, was Lyr uns damit sagen möchte? Lyr ist nur vorsichtig. Lyr glaubt, es handelt sich höchstwahrscheinlich um unseren Raumgleiter, den uns diese verdammten Saboteure doch glatt vor der Nase geklaut haben. Kapierst du das denn nicht? Es könnte sein, dass es der Feind ist und nicht die unseren. Was glaubst du, was die mit uns machen werden, wenn wir da so einfach aufkreuzen und Hallo sagen?«

Gregor beruhigte sich langsam wieder. Man sah ihm an, dass er über Normans Worte nachdachte.

»Entschuldigt bitte, ich habe wohl etwas die Nerven verloren. Sicherlich hast du Recht. Wir müssen vorsichtig sein und dürfen keinerlei Risiko eingehen.« Gregor richtete sich wieder auf und ging schmollend auf seinen Platz zurück.

»Lyr, diese Ungewissheit und das tatenlose Herumsitzen macht mich krank. Wie wäre es, wenn wir uns wenigstens bis auf Sichtweite anschleichen würden, so können wir uns ein besseres Bild von der ganzen Situationen machen. Und falls diese Bastarde etwas im Schilde führen, haben wir den Vorteil, ihnen eventuell zuvorzukommen, was meinst du dazu?«, schlug Katja vor.

»Ein logisches Vorhaben, dennoch, als solches sehr riskant, ja sehr gefährlich, würde ich sagen.« Lyr war von dieser Idee nicht gerade begeistert. Jedoch war ihm bei jeder ausschreitenden Aktion seiner Schützlinge bewusst, dass er den Schutz hier am Lagerplatz nicht mehr all zu lange aufrecht erhalten konnte.

»Gut, einverstanden. Doch allzuviel halte ich nicht davon. Ich würde vorschlagen, wir bilden wieder eine Front, in zehn Metern Abstand voneinander. Sind damit alle einverstanden?«, fragte Lyr nach.

»Aber natürlich, Lyr, sind wir das.«, antwortete Norman, während die anderen kopfnickend bejahten.

Sofort machten sich allesamt ans Werk, einen Teil der Abgrenzung beiseite zu räumen um besser nach außen zu gelangen. Im Nu formierten sie sich. Dann stapften sie Schritt für Schritt durch das morastige Waldstück in tiefer und geduckter Haltung in Richtung der besagten Lichtung.

Nach einiger Zeit war die ganze Gruppe schon ziemlich nahe an die Lichtung herangekommen.

So nahe, dass sie nicht gesehen werden konnten, aber dennoch die ganze Lichtung, wo ihr Raumgleiter stand, übersehen konnten. Alle richteten ihre Blicke, und das alle paar Meter, auf Lyr, um ständigen Augenkontakt zu ihm beizubehalten. So bemerkten sie auch gleich, dass Lyr ein Zeichen gab, in Stellung zu gehen. Sofort ließ sich die gesamte Gruppe auf den nasskalten und schlammigen Boden fallen. Und tatsächlich, vor dem Raumgleiter standen vier der Saboteure, jene welche, die sich ihres Raumgleiters diebhaft bemächtigt hatten. Mit Schaudern musterte die Gruppe diese Spezies, die nicht im Entferntesten Ähnlichkeit mit ihnen selbst aufwiesen. Sie hatten kleinere und ovale, kahle Köpfe. Augen hatten sie, jedoch rund wie mittelgroße Knöpfe. Ihre Beine wiesen eine stelzenhafte, zu dünn, ja fast lächerlich wirkende Erscheinungsform auf und wurden zudem noch von einer Art überlangen Form geprägt. Die Haut dieser Spezies, die aus ihrer eng anliegenden Kleidung hervorguckte, hatte eine Farbe, die in den morgendlichen Sonnenstrahlen leicht weiß und silbrig schimmerte. Man bekam auch beim längeren Hinsehen das bestimmte Gefühl, dass diese Haut der eines Fisches, nämlich einer silbrigen Finne, ähnelte. Die Kleidung im Übrigen hatte die Form eines Taucheranzuges und lag, wie schon angedeutet, sehr eng auf ihrer Haut. Zudem kam noch hinzu, dass ihre Gesichtkonturen nicht ganz vollständig zu sein schienen, da man keine Nasenöffnungen oder dergleichen erkennen konnte. Alles in allem kam der Runde diese Spezies eher wie tierische Kreaturen vor, als die Menschen oder die Dogon. Mary lief es bei diesem Anblick eiskalt den Rücken hinunter. Auch den anderen konnte man den Ekel ansehen, den sie bei diesem Anblick ausgesetzt waren. Und Lyr war mal wieder die Ruhe selbst. Wieder einmal winkte Lyr. Doch diesmal gab er das Zeichen zum Rückzug, was den meisten in der Runde natürlich missfiel.

Innerlich wütend und mit wutverzerrten Gesichtern robbte die Gruppe einige Meter zurück, um dann besser in gebückter Haltung den Rest des Weges durch Gestrüpp und Geäst zu gehen. Dorthin, wo Lyr schon längst wartete und wo sie sich ungestört über die neue Lage unterhalten konnten.

»Sag mal, Lyr, hast du denn dein letztes bisschen an künstlichem Verstand verloren? Was soll das denn eigentlich? So nah kommen wir niemals mehr an den Raumgleiter heran, ohne dabei entdeckt zu werden.«, fuhr Gregor mal wieder aus der Rolle.

»Mann, fängt denn das schon wieder an? Gregor, uns hat es auch nicht gerade gefallen, den Rückzug anzutreten. Lyr wird schon dafür einen triftigen Grund gehabt haben. Oder Lyr?«, sagte Norman.

»Es ist ein Hinterhalt.«, deutete Lyr daraufhin.

»Eine Falle?«, hakte Sarah nach.

»Ja, eine Falle, sie hatten uns erwartet.«, bekräftigte Lyr zudem.

»Wie kommst du darauf?«, wollte nun Mary wiederum wissen.

»Das war ganz einfach zu kombinieren. Was für einen Grund hätte diese Spezies gehabt, erst unseren Raumgleiter von der Lichtung zu stehlen und dann so mir nichts dir nichts und zudem ganz frech wieder auf der Lichtung zu landen?«

»Ja, das leuchtet mir schon ein. Aber warum, wenn es denn eine Falle ist, sollten sie dann eine Wache von vier Mann am Raumgleiter zur offensichtlichen Sicherung abstellen?« Eine kluge These die da Mary aufstellte.

»Meine Sensoren sagen mir, dass sich im Augenblick kein Lebewesen in der Nähe des Raumgleiters mehr befindet. Woraus ich schlussfolgere, dass sie sich irgendwo außerhalb der Reichweite meiner Sensoren versteckt halten müssen und darauf lauern, dass wir den Raumgleiter stürmen um damit von diesem Planeten zu flüchten.«

»Ja, aber wohin könnten sie denn so schnell verschwunden sein? Ich meine, das ist doch in der kurzen Zeit gar nicht möglich, so schnell aus dem Bereich deiner Sensoren zu kommen, oder?«, ja Mary hatte da nicht einmal so Unrecht mit dieser Feststellung.

»Da, mein liebes Kind stimme ich dir voll und ganz zu. Ich glaube zu wissen, wie sie dies zustande brachten. Es gibt nur eine vernünftige und logische Erklärung dafür.«, warf Lyr ein.

»Und was glaubst du, Lyr?«, wollte nun Norman wissen.

»Durch Beamen.«

»Durch Beamen?«, fragte Norman.

»Ja, durch Beamen, womit man lebende Materie in ihre sämtlichen Atome zerlegen und Augenblicke später an einen beliebigen Ort transferieren und wieder in seine Ursprungsform zusammensetzen kann.«

»Ach ja, jetzt fällt es mir wieder ein, wir sprachen schon mal darüber. Aber sag doch mal, dann muss doch auch der Ort von dem sie gebeamt worden sind, nicht allzu weit entfernt sein, oder?«, kam wieder von Mary.

»Das trifft zu, Mary?«, bejahte Lyr.

»Und wie weit kann man sich denn nun eigentlich beamen?«, wollte nun Stephan wissen.

»Im eigentlichen Sinne nicht sehr weit. Es wird ja im Allgemeinen nur als Personentransportmittel genutzt und von Orbits der Planeten, zu eben dessen Oberflächen gebeamt.«

Also habe ich doch Recht, dass, wenn der Feind dieser Art von Personentransportmittel sich bediente, er auch ganz in der Nähe sein müsste.

»Gut aufgepasst, meine Liebe. Das trifft exakt zu. Doch denke ich nicht, dass sie sich irgendwo im Orbit des Sinas mit einem ihrer Raumschiffe versteckt halten, sondern direkt auf Sinas.«, erklärte Lyr seinen Schützlingen.

»So, hier auf Sinas? Ja und wo denn hier, Lyr?«, fragte Gregor nun neugierig geworden.

»Wo befände sich denn der einzige Ort, wo sich diese Bestien versteckt halten könnten um von keinerlei Sensoren aufgespürt zu werden?«, fragte Lyr seine Schützlinge, die jetzt ernsthaft nachgrübelten.

»Natürlich? Menschenskind nochmal, dass ich da nicht gleich drauf gekommen bin! Die unterirdische Stadt! Ja, Lyr, du sagtest selbst, sie sei so erbaut worden, dass kein Signal zu ihr hindurchdringen könne, stimmt es? Hab ich Recht oder nicht?«, forderte Susanne mit Argusaugen.

»Perfekt, Susanne, und gut erkannt.«, lobte Lyr sie.

»Ja, und wie soll es nun weitergehen, Lyr?«, fragte Peter.

»Peter, mir sagen mittlerweile meine Gewissensmodule, dass es so nicht weitergehen kann. Dennoch solltet ihr nicht vergessen, dass alles was ich an Entscheidungen treffe, die mit euch zu tun haben oder für euch ein Risiko darstellen, gegen meine strickten Befehle geht. Selbst dem Anschleichen in die Nähe des Feindes zur Lichtung hin durfte ich eigentlich nicht zustimmen. Das könnte mich eventuell meine künstliche Existenz kosten. Aber um dies mache ich mir weniger Gedanken, als dass euch etwas zustoßen könnte. Trotz alledem habe ich mich entschlossen, gegen alle Regeln und zu eurem Besten zu handeln. Es ist mein Bestreben, euch wieder und sicher auf das Mutterschiff zurückzubringen. Die Konsequenzen daraus muss ich nun mal wie ein wahrer Androide hinnehmen. Ich habe daher alle Befehlsregler, die sich im Falle einer Meuterei sämtlicher Empfindungsmodule aus meinem Speichermedium löschen würden, deaktiviert, so dass ich von nun an nach gutem Dünken und eigenmächtig Handeln kann. Doch bedenkt einige Tatsachen: Wenn ich vom Feinde zerstört werden sollte, seid ihr von diesem Augenblick an auf euch alleine gestellt. Zumindest bis das Rettungsteam euch zur Hilfe eilt. Das, meine Lieben, muss euch im Klaren sein.«

In Lyr vernahm die Runde einen Unterton, der ihnen überhaupt nicht zusagte.

»Lyr, sag uns erst mal, was du vorhast, bevor du gehst. Du hast doch etwas vor, oder?«, fragte Katja nach.

»In der Tat, das habe ich. Ich habe mich entschlossen, unseren Raumgleiter wieder in unseren Besitz zu bringen und zwar im Alleingang. Und noch etwas: Darüber zu diskutieren ist von vorne herein zum Scheitern verurteilt.«, kündigte Lyr fest entschlossen an. Die Runde war empört. Jeder versuchte, Lyr die Sache auszureden. Besonders zwei schienen mehr als besorgt zu sein. Es waren Norman und Katja.

»Lyr, überdenke noch einmal alles!«, sagte Katja, mit flehendem Gesichtsausdruck.

»Katja, es ist nicht nötig, sich Sorgen zu machen. Trotzdem danke ich dir. Mein Entschluss steht fest. Mit jedem Tag, den wir hier länger verbringen müssen, wächst die Gefahr, in die Falle dieser Kreaturen zu gehen. Nicht auszudenken, was euch bei diesen Scheusalen alles geschehen könnte.«

Lyr war entschlossen, die ganze Sache schnell und unkompliziert durchzuführen. Seine Handlungsaktionen konnte Lyr schon im Vorfeld abspeichern, so dass ein Fehler fast ausgeschlossen war. Durch diese Maßnahme konnte und ging er quasi im Bruchteil einer Nano-Sekunde seinen Plan so oft durch, bis auch noch der kleinste Fehler in seinen Handlungen ausgemerzt war und somit der Plan aufs genauste durchgeführt und beendet werden konnte, wenn Lyr dazu bereit war. Dadurch konnte Lyr sicher sein, dass sein Vorhaben zum sicheren Erfolg führte. Mit der Ausnahme des Unwahrscheinlichen, das sich auf den puren Zufall stützt. Diese winzige Winzigkeit konnte Lyr jedoch ausschalten, indem er seine eigene Initiative seines Planes mit der des Zufalls verkoppelte und somit mit einer Wahrscheinlichkeit von 100% vom Erfolg gekrönt wurde.

Hört doch mal her und beruhigt euch wieder. Ich bitte euch jetzt, so schnell wie möglich die letzten einhundert Meter ins Lager zurückzukehren und euch dort so lange ich weg bin zu verschanzen. Verhaltet euch ruhig und wachsam. Dort wartet ihr auf meine Rückkehr. Tut mir einen Gefallen: Gebt gegenseitig auf euch acht. Was ich damit meine ist, wenn einer von euch die Haltung, also die Nerven verlieren sollte, kümmert sich der Rest der Runde um ihn. Noch eines: Ich besitze zwei Laserwaffen. Eine davon werde ich euch hierlassen. Ich bin zwar wie ihr wisst gegen Gewalt, aber so befindet ihr euch wenigstens in der Lage, wenn ihr während meiner Abwesenheit angegriffen werdet, euch zu verteidigen. Norman, du wirst die Laserwaffe an dich nehmen. Ich brauche dir zu dem Umgang mit dieser Waffe nicht viel erklären. Auch diese Waffe besitzt sozusagen ein Sensorenortungssystem, nur halt im Kleinformat und ist auf die Zellstruktur des Feindes eingestellt. Sollte sich der Feind, auf den diese Zellstruktur passt, näher als 30 Meter im Radius nähern, fängt das Lasergerät an zu vibrieren. Danach brauchst du nur noch den Laser nach oben zu halten und den Auslöser zu aktivieren. Aktivieren kannst du diesen Laser aber nur, indem du ihm ein Wort zuweist.«, vermerkte noch Lyr der nun von Norman unterbrochen wurde.

»Du meinst, ich soll mir irgend ein Wort ausdenken?«, fragte Norman.

»Genau, Norman, wenn du das Wort gewählt hast, sprichst du es langsam und deutlich zweimal aus. Danach ist deine Stimmfrequenz und das Wort auf dem Gerät erfasst und schließlich aktiviert. Wodurch sich sogleich der Laserschuss löst, der sich dann selbstständig sein Ziel in eben diesem Radius sucht. Diesen Vorgang kannst du nach Belieben wiederholen, was du auch solltest. Auch wenn du den Feind nicht sehen kannst, erkennt diese Waffe durch ihr Sensorortungsgerät die sich in diesem Radius befindlichen Feinde vollautomatisch und eliminiert diese. Egal wie oft du den Laser aktivierst, er wird nur so lange einen Laserschuss abfeuern, wie sich Person in dem angegebenen Radius von 30 Metern aufhalten. Ausgenommen in dem kleineren Radius von 5 Metern, in dem ihr euch befindet. Wie du sehen kannst, eine leicht zu bedienende Waffe, jedoch in ihrer Wirksamkeit nicht zu unterschätzen.«, fügte Lyr noch hinzu.

»Gut, Lyr, dann wähle ich jetzt ein Wort.« Norman überlegte kurz, hob die Laserwaffe bis zum Anschlag hin und sprach laut und deutlich, zweimal:

»Sternenkind, Sternenkind!«

»So, prima gemacht, Norman.«, jetzt ist, wie ihr sagen würdet, die Waffe scharf.«

Lyr sah seinen Schützlingen genau an, dass ihnen seine Entscheidung, im Alleingang dem Feind entgegenzutreten, nicht gefiel. Aber was blieb ihm denn übrig. Mit jeder Minute die er verstreichen ließ, wuchs die Gefahr, dass der Feind sich vielleicht doch noch entschloss, den Lagerplatz anzugreifen. Denn eines war ihm klar, die Kreaturen auf der Lichtung inszenierten nur ein Spielchen, um die Runde aus ihrer Deckung zu locken. Überall lauerten sie und er wusste und musste auch annehmen, dass auch der Feind über ähnliche Sensoren und Ortungsgeräte verfügte. Ja, dass dieser Feind ein Spiel, nämlich sein Spiel, spielte. Ein Spiel, das offenbar einem Hobby oder noch schlimmer, einer Treibjagd ähnlich kam. Lyr begriff dies als einziger und vermochte dieses Geheimnis bisher gut zu verbergen. Zudem wusste er, dass seine Schützlinge nicht dumm waren und durch ihre neugierige Unbeholfenheit des Rätsels Lösung schon sehr bald nahegekommen wären. Lyr begann, alles Unnötige an Ballast, das er mit sich trug, abzulegen.

Ein letzter Blick auf seine Schützlinge und die zwei begleitenden Dogon und er marschierte los. In unbehaglichem Gefühl sah die Runde ihm nach.

»Sagt mal, Leute, wollen wir hier wirklich nur dumm herumsitzen und Lyr die Kastanien alleine aus dem Feuer ziehen lassen?«, sagte Norman.

Es folgte auf Normans Frage ein kurzes Schweigen.

»Du hast Recht, Norman, wir können Lyr die ganze Sache nicht alleine austragen lassen, ich schlage vor, dass wir Lyr nachschleichen.«, fügte Katja hinzu.

»Und wenn es brenzlig wird?«, warf Gregor ein.

»Na, dann stehen wir ihm natürlich zur Seite, was sonst?«, gab Peter tapfer von sich.

»Und wie, wenn ich mal fragen darf? Keiner, aber auch niemand von uns hat irgendeine Erfahrung im Nahkampf gemacht, oder?«, protestierte Gregor aufs Schärfste.

»Mann, Gregor, bist du vielleicht ein Heuchler. Du Angsthase, dann bleib meinetwegen hier. Ich jedenfalls werde hier nicht tatenlos herumsitzen und Lyr die ganze Drecksarbeit alleine machen lassen.«, sagte Susanne fest entschlossen, während sich die anderen schon zum Kampf fertig machten, fest entschlossen, dem Feind entgegenzutreten. Gregor gefiel das ganze überhaupt nicht. Doch alleine wollte er auch nicht zurückbleiben und schloss sich daher den anderen an. Mit ernsten Gesichtern und dem Mut der Verzweiflung gingen sie auf die Spur des Androiden.

Wie schon von Lyr gelernt, formierte sich die Gruppe zu einer Linie und pirschte sich durchs Dickicht. Norman übernahm dabei die Rolle von Lyr, der sich vermutlich schon an der Lichtung befand. Vor Norman lag ein mächtiger Baumstamm, der vermeintlich von einem Sturm entwurzelt wurde. Er hob wie eine Katze, die sich auf Beutezug befand, sein rechtes Bein und sprang mit einem gigantischen, ja kolossalen Satz darüber hinweg.

Auf der anderen Seite angekommen ging er sogleich wieder in gebückter Haltung weiter, wobei er aber gleich wieder stehen blieb um in Horchhaltung überzugehen. Plötzlich hörte Norman ein Geräusch in seiner Nähe und winkte mit seiner rechten Hand, um die anderen zu verständigen, in Deckung zu gehen. Sofort gab Katja, die sich von Norman nur einige Meter entfernt aufhielt, das Zeichen weiter.

»He, Norman, was ist los?«, flüsterte Katja, wobei sie auf allen Vieren zu Norman hinüber kroch.

»Sei leise, Katja, ich glaube, da ist jemand.«, sagte Norman aufgeregt.

»Wo denn? Ich kann nichts sehen.«, bekräftigte Katja.

»Dort, hinter dem großen Busch.«, deutete Norman.

»Nimm doch den Laser und brenne diesem Bastard einen Schuss auf seine Schuppen?«, schlug Katja vor.

»Das habe ich schon versucht, doch es funktioniert nicht.«, ärgerte sich Norman.

»Mist, was machen wir denn jetzt, Norman?«, fragte Katja.

»Was weiß denn ich. Am besten wird es sein, dass wir vorerst in Deckung bleiben und abwarten?«, schlug Norman vor.

»Ich werde am besten jetzt die anderen zu uns herwinken, okay?«, sagte Katja.

»Ja, in Ordnung, aber sie sollen her kriechen und leise sein.«, gab Norman die Order.

Als sich alle wieder vereint sahen, fühlte die Gruppe sich in ihrem Vorhaben bestärkt. Doch die Angst, was bei dem Ansturm auf der Lichtung alles geschehen könnte, blieb auf ihren Gesichtern stehen. Das Geräusch wurde immer lauter und lauter und schien sich in ihrer Richtung zu bewegen. Schweiß stand einigen auf der Stirn, Norman hielt seinen Laser immer fester in seiner Hand. Obwohl er nicht funktionierte, trug er dennoch die Hoffnung in sich, damit bluffen zu können, falls sich nun gleich der Feind zeigte. Geknister von zertretenem Geäst konnte die Gruppe schon wahrnehmen, so nah schien sich schon der Feind vor ihnen zu befinden. Gespannte Gesichter sahen der Richtung entgegen, aus dem die Geräusche kamen. Schauderhafte Szenarien malten sich einige aus, die sich nunmehr wie Gift in ihrem Gehirn einbrannten und ihre Ängste nur noch verstärkten.

Doch bereit waren alle. Bereit, ihren Tribut für ihr Überleben zu zollen. Dann folgte eine Schrecksekunde, als sich der angebliche Feind zeigte. Absolute Hochspannung überfiel die Gruppe.

»Was macht ihr denn hier? Ich sagte doch, dass ihr zum Lager zurück solltet!«, als die Gruppe Lyr sah und nicht den Feind, fiel ihnen ein Stein vom Herzen.

»Du, Lyr? Gott sei es gedankt, ich hätte mir beinahe in die Hosen gemacht. Warum musst du dich denn so anschleichen?«, fragte Norman.

»Meine Sensoren sagen mir nicht, um wen es sich dabei handelt, sondern nur, dass sich jemand in meiner Nähe befindet.«, erwiderte Lyr ruhig.

»Mann, bin ich froh, dass dieser Scheiß Laser nicht funktionierte. Nicht auszudenken, was diese Strahlen mit dir gemacht hätten.«, ergänzte Norman seine Gedanken.

»Na, ich schätze, sie hätten ihn in einen Schrotthaufen zerlegt.«, lästerte mal wieder Gregor.

»Das finde ich gar nicht lustig, Gregor!«, konfrontierte Katja Gregor mit lautem Ton.

»Danke für deine Hilfe, Katja. Und dich, Gregor, muss ich leider enttäuschen. Der Laser ist in einem einwandfreien Zustand. Er feuerte seine Strahlen nur deshalb nicht ab, weil sich in seinem eingestellten Radius von 30 Metern, kein organisches Leben aufhielt. Und ich, wie du sicherlich schon bemerktest, war zu der fraglichen Zeit der einzige, der sich in diesem Radius aufhielt. Bin ich etwa aus organischem Bestand?«, fragte er nun Gregor mit einem hämisch klingenden Unterton, wonach Gregor sich unversehens von Lyrs Frage abwandte und sich umdrehte, was Lyr wiederum entzückt bestätigte, diesen Wortkampf gegen Gregor gewonnen zu haben.

»Lyr, was tun wir jetzt?«, fragte Sarah so ganz nebenbei, obwohl sie die Antwort eigentlich schon kannte.

»Zum Ersten befürchte ich, dass ihr die Antwort schon wisst und zum Zweiten, dass ich euch nicht daran hindern kann. Ihr habt vor, die Lichtung zu erstürmen, so ist es doch, oder?«, wollte Lyr wissen. Was alle mit einem bejahenden Kopfnicken bestätigten.

»Gut, so sei es. Dann lasst es uns tun, okay?« Auch Lyr war nun fest entschlossen, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Keiner seiner Schützlinge hatte zu diesem Zeitpunkt eine Ahnung, wie der Ansturm auf die Lichtung enden würde. Doch trotz der schlechten Aussicht auf Erfolg waren sie sich noch nie in ihrer Entscheidung so sicher. Dann kam der Moment der Wahrheit. Lyr und die beiden Dogon sahen ruhig und gelassen zu, wie sich der Rest der Runde die Hände reichte, um sich ein letztes Mal Mut zuzusprechen.

Dann ein hasserfüllter Blick auf die Lichtung, gefolgt von einem erlösenden Schrei des Angriffs. Und alle begannen, wie von einem Rudel hungriger Wölfe gehetzt, der Lichtung entgegenzustürmen. Sie rannten wie noch nie in ihrem Leben, vorneweg Lyr, gefolgt von Schah Bacheme Te, genannt der Gutmütige, und Schah Sachote Te, genannt der Weise, und hinterdrein der Rest der Runde. Dann, nach weiteren hundert Metern, die Lichtung. Im Nu schossen lichtergrelle Blitze über ihre Köpfe hinweg, die durch die feindlichen Waffen abgefeuert wurden. Norman schmiss sich mit einem gekonnten Hechtsprung hinter ein halb verwittertes Wurzelwerk, um den Laserschüssen der Feinde auszuweichen. Dann sah er hinter sich, um nach den anderen zu sehen, die, wie er sehen konnte, auch schon in Deckung gegangen waren. Das war es wohl. Durch den zu starken Beschuss durch die Feinde wurde ihrem Ansturm auf die Lichtung ein jähes Ende gesetzt. Nur einer ließ sich davon nicht aufhalten. Es war Lyr, der mal ein Stück lief und dann wieder in eine knietiefe Haltung überging, um mehrere Laserschüsse abzugeben. Wie tapfer und selbstlos doch dieser Androide vorging. Begeisterung machte sich in der Gruppe breit. Durch Lyrs tapferes Verhalten wurde die gesamte Gruppe so sehr angespornt, dass sie sich im Nu wieder formierte und abermals einen Angriff auf die Lichtung starteten. Schließlich, im wirren Durcheinander kam dann das Unvermeidliche. Sarah, die noch immer durch den Heilungsprozess ihrer Kinderlähmung gehandicapt war, also mit den anderen nicht so ganz mithalten konnte, wurde von einem der Strahlen getroffen und fiel neben ihrem Vater zu Boden. Als Stephan seine Tochter bewusstlos zwischen dem losen auf dem Boden herumliegenden Geäst liegen sah, ließ er einen verzweifelten Schrei los, der sich bis in sämtliche Eingeweide der gesamten Gruppe bohrte. Von diesem Schrei der Verzweiflung aufgeschreckt sammelten sich alle, wo Sarah verletzt lag, hoben sie mit vereinten Kräften auf und verschanzten sich mit ihr hinter einer dichteren Baum- und Buschgruppe, um vor des Feindes Beschuss einigermaßen sicher zu sein. Wortlos standen alle um die daliegende und sichtlich schwerverletzte Sarah herum. Kniend legte Stephan ihren Kopf auf seinen Schoss. Zärtlich strich er ihr mit seinen Händen über ihre Wangen, während er weinte und ratlos immerzu mit seinem Kopf schüttelte.

»Nicht meine kleine Sarah, nicht mein Töchterchen, nein, nicht sie!«, sprach er immer und immer wieder laut in sich hinein. Noch immer standen alle schweigend um Sarah und ihren Vater in einem Kreis herum. Auch sie konnten dieses Unglück nicht begreifen, geschweige denn, geistig und seelisch verarbeiten. Stephan hob seinen Kopf und sah seinen Gefährten einem nach dem anderen tief in die Augen. Besonders den beiden Dogon warf er nun einen verzweifelten, ja mit Wut erfüllten Blick zu.

»Na, seid ihr nun zufrieden? Hättet ihr uns nicht von unserem Planeten verschleppt, wäre das nicht passiert!«, schrie Stephan die beiden an.

»Beruhige dich doch, Stephan, sie wird bestimmt wieder gesund. Sie wird es schaffen.«, versuchte Lyr zu beruhigen.

»Ich kann euch allen nur nahelegen, wenn meine Tochter stirbt werde ich euch alle zur Verantwortung ziehen. Darauf habt ihr mein Wort.«, besiegelte Stephan sein Versprechen.

Keiner nahm Stephan diese Worte übel. Jeder würde in diesem Fall seine Nerven verlieren, wenn es um einen lieben Menschen geht. Auch all die anderen machten sich große Sorgen um Sarahs Zustand. Plötzlich fing Lyr wieder einmal mit seinen Augen zu rollen an, was ein klares Zeichen für seine Schützlinge war.

»He, seht mal Lyr an, er rollt mal wieder mit seinen Augen?«, deutete Gregor mit festem Ton.

»Du hast Recht, Gregor, das bedeutet, dass uns wieder etwas bevorsteht, oder?«, warf noch Katja ein.

»Mann, nimmt denn diese Scheiße überhaupt kein Ende?«, murrte Mary hinterher.

Gespannt beobachtete die Runde Lyr aufs Genaueste. Bis schlagartig abermals auf der Lichtung ein Geräusch zu hören war. Wie aus dem Nichts und aus heiterem Himmel tauchte ein zweiter Raumgleiter auf.

Lyr, sag schon, kommen jetzt noch mehr von diesen Ekelpaketen auf der Lichtung an?«

Doch ehe Lyr Susanne Antworten konnte, erklang schon heftiges Kampfgetöse. Die gesamte Lichtung schien zu brennen, so hell erleuchtet war sie nun. Man konnte sehen, wie die Umrandung der Lichtung, wo noch einige Bäume standen, regelrecht in tausende von Stücken zerfetzt wurde, die sich weit in den Wald verstreuten. So ging es einige Minuten lang. Dann war es wieder still geworden.

»Lyr, was ist denn nun, was melden deine Sensoren?«, drängte Stephan, fast wahnsinnig vor Sorge um seine schwerverletzte Tochter.

»Ich habe gerade eben eine Nachricht erhalten. Es ist einer unserer Raumgleiter.« Zum Ärger aller machte Lyr mal wieder ein Geheimnis daraus.

»Meine Güte, Lyr, so lass doch jetzt deine Geheimnistuerei. Was für eine Nachricht hast du denn erhalten?«, quengelte mal wieder Gregor herum.

»Hiermit verkünde ich euch, dass wir gerettet sind. Die Feinde wurden in die Flucht geschlagen und die Lichtung übernommen. Wir sollten aber nunmehr keine Zeit verlieren. Ich trage Sarah und ihr folgt mir. Sie warten bereits auf der Lichtung auf uns.

Es folgte ein Aufschrei der Erleichterung.

»Noch eines vorweg, mein Bester:«, deutete Katja mit heiserer Stimme.

»Gerne doch, Katja?«, erwiderte Lyr bedächtig.

»Was wird denn nun aus der unterirdischen Stadt, falls sich dort tatsächlich einige dieser Kreaturen eingenistet haben?«

»Nun, das wird in der nächsten Zeit der Hohe Rat entscheiden müssen.«

Ganz sanft und äußerst vorsichtig erhob Lyr die schwerverletzte Sarah und schritt in Richtung Lichtung, gefolgt vom Rest der Gruppe, wo sie bereits erwartet wurden. Während Lyr Sarah in seinen Armen trug, hielt Stephan die Hand von Sarah und fügte in seinen Gedanken ein kleines Gebet hinzu. Nach einer Weile erreichten alle die Lichtung und stiegen in den Raumgleiter hinein, wo Sarah sofort in eines der uns schon bekannten durchsichtigen Behältnisse gelegt wurde. Dann, wie von Zauberhand, verfiel Sarah in eine Art Tiefschlaf, wobei auch bei den Betreffenden eine gewisse Körperstarre einsetzte, die absichtlich von den Dogon hervorgerufen wurde. Somit bezweckten die Dogon, dass sich gegebenenfalls innere Verletzungen nicht verschlimmerten. Stephan harrte noch eine Weile neben dem durchsichtigen sargähnlichem Behältnis aus. Im nächsten Augenblick erhob sich der Raumgleiter von der Lichtung und tauchte mit einer ungeheuren Geschwindigkeit in die Fjorde des unendlichen Alls in Richtung des Mutterschiffes ein.

»Macht euch keine Sorgen, Sarah kann nun überhaupt nichts mehr geschehen.«, tröstete Lyr, als er in die betroffenen Gesichter seiner Schützlinge sah. Was aber sichtlich nicht viel zu nützen schien. Mit Ausnahme von Norman und Katja, die es sich natürlich nicht anmerken ließen, und die von den medizinischen Möglichkeiten der Dogon wussten.

Sanft strich Stephan mit seinen beiden Händen über Sarahs Wangen. Man konnte ihm ansehen, dass er schwer schluckte und sich große Selbstvorwürfe machte. Lyr näherte sich ihm und griff ihn leicht an seiner rechten Schulter, um ihm deutlich zu machen, dass es Zeit wurde, den sargähnlichen Behälter zu schließen und den so wichtigen Tiefschlaf von Sarah nicht länger zu stören.

Die Stunde verging sprichwörtlich wie im Fluge und schon näherten sie sich dem Mutterschiff. Erschöpft, schmutzig und mit den Nerven völlig am Ende, ging ein jeder sofort in sein Quartier, mit der Ausnahme von Stephan, der noch eine Weile im Genesungsraum bei seiner Tochter Sarah blieb.

»Stephan, du musst jetzt den Raum verlassen. Deine Tochter braucht jetzt unbedingt die heilende Strahlung.«, forderte Lyr ihn auf.

»Heilende Strahlung? Was für eine heilende Strahlung denn?«, fragte Stephan schockiert nach.

»Dir das zu erklären, würde mehr Zeit in Anspruch nehmen, als wir für deine Tochter haben. Ich versichere dir, dass ihr nichts geschieht. Bis morgen früh ist sie wieder völlig gesund und munter. Man könnte auch sagen, wieder völlig heile.«, vergewisserte er Stephan.

»Lyr, kann ich denn nicht doch noch eine Weile bei ihr bleiben?«, fragte Stephan nach.

»Aber Stephan, du könntest ihr doch nicht helfen. Du müsstest außerhalb des Genesungsraumes bleiben, weil die Strahlung dir schaden würde, da sie nur auf ihre Genetik eingestellt ist. Und zudem, sieh dich doch an. Du bist völlig erschöpft.

»Na schön, Lyr, sicher hast du Recht, wie meistens.«, erwiderte Stephan mit einem leichten Schulterzucken.

»So ist es brav, Stephan, morgen sieht alles wieder anders aus. Sarah wird mit Bestimmtheit zum Frühstück erscheinen. Und das in aller Frische.«, beruhigte er ihn.

Dann begleitete Lyr Stephan noch bis zu seinem Quartier und ging danach seinen gewohnten Kontrollgängen nach.


Wenig später im großen Saal auf Etage 4, wo der Hohe Rat sich beliebte zu beraten:
 

»Meine Lieben! Wir sind nunmehr wieder einmal zusammengekommen, um den schrecklichen Vorfall, der sich auf Sinas ereignete, zu beraten, bei dem sogar unsere Erdengäste bedroht und einer von ihnen sogar verletzt worden ist. Wie uns bereits Lyr unser Androide berichtet hat, hat sich eine feindlich gesinnte Spezies auf unserem zweiten Planeten versteckt und somit unser Territorium verletzt. Zudem kommt noch erschwerend hinzu, dass diese Spezies sich eventuell unsere unterirdische Stadt, also unseren geheimen Zufluchtsort, besetzt hält. Da wir keine Spezies der Gewalt sind, fiel es uns um so schwerer, zu entscheiden, einen Angriff auf Sinas zu starten um unsere Interessen zu wahren. Diese schlechte Botschaft sandten wir unserem Heiligen Xarmax und wir bekamen sogleich folgende Weisung, die im übrigen beschlossene Sache ist:«

Meine Brüder und Schwestern! Ein Angriff gegen die feindlich gesinnte Spezies auf dem Planeten Sinas wird abgelehnt. Der Planet Sinas wird hiermit aufgegeben. Wir dürfen nicht Gewalt mit Gegengewalt vergelten.«

»So viel zu unserem Vorschlag an den Heiligen Xarmax, die Spezies auf Sinas angreifen zu dürfen.

Trotz alledem sollten wir nun nicht verzagen. Eine gute Nachricht bleibt ja trotz alledem bestehen, nämlich, dass wir bald zu Hause sind und in den Orbit unseres geliebten Planeten Goderijan eintauchen werden. Im Großen und Ganzen ist unser Heiliger Xarmax mit unserer erfolgreichen und sehr langen Reise im höchsten Maße zufrieden. Besonders auf unsere Gäste, die Menschen, freut sich unser Heiliger Xarmax und kann es kaum erwarten, sie im Heiligen Tempel empfangen zu können. Aus diesem Anlass beschloss zudem unser Heiliger Xarmax, ein großes Fest zu Ehren unserer Ankunft zu geben.«


Am nächsten Morgen, 7 Uhr 30 in Normans Quartier:
 

Norman befand sich gerade beim Rasieren, als es an seine Tür klopfte.

»Ja, herein!«, brüllte Norman vom Badezimmer quer durchs Quartier.

»Einen schönen guten Morgen wünsche ich dir, Norman.«, äußerte sich Katja wohlvergnügt und bei bester Laune.

»Ah, Katja, du bist es. Was verschafft mir das Vergnügen?«, fragte Norman scherzhaft nach.

»Na, mir scheint, Lyr war noch gar nicht bei dir. Also kannst du die brandneue Nachricht ja noch gar nicht wissen.«, bemerkte Katja so ganz nebenbei.

»Was für eine brandneue Botschaft denn?«, fragte nun Norman neugierig geworden nach.

»Na, dass wir sehr bald auf Goderijan ankommen werden.«, verkündete Katja mit freudigem Gesicht.

»Was, das ist doch kein Scherz von dir Katja, oder?«

»Nein, Norman, das hat Lyr gesagt. Mann, bin ich vielleicht froh, dass wir bald da sind. War Ne lange Zeit, nicht wahr, Norman?«

»Natürlich war das ne lange Zeit, dennoch, vergiss bitte nicht, dass wir die gleiche Zeit wieder nach Hause brauchen.«, erinnerte Norman daran.

»Sicher, Norman, aber es geht voran und das ist das Wichtigste, oder?«, konterte nun Katja.

»Natürlich, Katja, da hast du mal wieder Recht. Aber lass uns nun frühstücken gehen, ja?«

»Natürlich, Norman.«

So begaben sich alle in den Frühstücksraum und erfreuten sich der frisch schmeckenden Brötchen.

Während des Frühstücks fiel allen Stephan auf, der, wie Lyr versprach, auf seine Tochter wartete.

»Sarah geht es doch gut, nicht wahr Lyr?«, erkundigte sich Stephan.

»Aber gewiss doch, im übrigen würde ich dir raten einmal nach rechts zu blicken, ich glaube, da möchte sich noch jemand in unsere Runde setzen.«, verkündete Lyr die frohe Botschaft.

Da stand sie nun, völlig gesund und putzmunter. Stephan traute seinen Augen kaum. Nach dieser so schweren Verletzung, die seine Tochter erlitten hatte, stand sie lächelnd, als wäre überhaupt nichts passiert, vor dem Eingang. Jetzt hielt ihn nichts mehr auf seinem Stuhl. Geschwind wie eine Katze stürmte er von seinem Platz auf Sarah zu. Bei ihr angekommen fielen sich die beiden herzzerreißend in die Arme.

»He, ihr beiden, wollt ihr euch denn nicht zu uns setzen?«, scherzte nun Mary, wobei ihr ein Stück Wurst aus dem Mund fiel.

»Seht euch doch mal Mary an, sie braucht womöglich bald ein Sabberlätzchen.«, spaßte nun auch Peter, der sich vor Lachen kaum noch halten konnte. Und so saßen sie nun alle zusammen, glücklich vereint und teilweise vergessend, dass auf sie noch eine große Aufgabe wartete. Mit der Zeit entpuppte sich das Frühstück als eine Schabernacksrunde, in der offensichtlich ein jeder auf seine Kosten kam. Bis aus noch unerklärlichen Gründen, und ganz plötzlich, das Raumschiff leicht erbebte.

Norman sah auf die vor ihm stehende Tasse, in der sich noch etwas Tee befand. Er beugte sich vor, um sich besser in dem goldenbraunen Sud spiegeln zu können. Mit jedem Beben, die sich nun häuften, gewann es an Stärke. Dann sah Norman, wie sich sein Abbild in dem spiegelnden Sud des Tees immer mehr und mehr verzerrte, bis schließlich diesem Schauspiel ein jähes Ende folgte. So wie dieses Beben und Erzittern kam, so erlosch es auch schnell wieder. Mit einem Male herrschte Totenstille im gesamten Essenssaal. Viele verwunderte Gesichter, vor allem der hier bis zu zweihundert anwesenden Dogon, blickten um sich, um die Ursache des kleinen Bebens zu ergründen. Auch die Runde suchte in ihren leicht und starr erschrockenen Gesichtern eine Erklärung zu finden. Nach weniger als einer Minute schien dieser Vorfall wieder vergessen zu sein und jeder widmete sich seines eigentlichen Vorhabens, nämlich gemütlich zu Frühstücken.

»Lyr, ich will ja nicht neugierig erscheinen, aber kannst du mir sagen, was das eben zu bedeuten hatte?«, schaltete sich mal wieder Gregor als erster ein.

»Ehrlich gesagt weiß ich das auch nicht. Meine Sensoren zeigten keinerlei Gefahr an. Und auch in der Kontrollstation ist alles in Ordnung. Es zeigte sich lediglich eine kleine Gravitationsstörung in der Leitmatrix der Steuerungseinheit des automatischen Steuerungssystems des Hauptcomputers. Darüber sollten wir uns im Allgemeinen keine Sorgen machen, da dies durchaus eine natürliche Ursache haben kann. Es könnte zum Beispiel geschehen, wenn ein Stern stirbt. In seinem Sterben bringt er ganze Systeme zum schwanken und aus dem Gleichgewicht, die sich aber nach einer gewissen Zeit wieder in ihren ursprünglichen Zustand versetzen. Dadurch entstehen wellenartige Formationen, die sich durch eine ganze Galaxie ausdehnen können. Ihr müsst euch eine Tsunamiwelle auf euren Weltmeeren vorstellen, die sich auf eure Küsten zubewegt. Ich denke, dass wir eben so eine Art Weltraum-Tsunami erleben durften.«, erzählte Lyr begeistert, der sich mal wieder in seinem Element zu fühlen schien.

»Ein Weltraum-Tsunami, Lyr? Bist du dir da ganz sicher?«, fragte Gregor nach.

»Sicher, nein. Natürlich bin ich mir nicht sicher. Ich schlussfolgerte nur aufgrund des Berichtes des Computers. Ich kann mich natürlich auch irren.«, entgegnete Lyr. Und wie sich Lyr irrte.

Nach einer kurzen Weile, die meisten hatten schon den kleinen Vorfall vergessen, das Frühstück neigte sich dem Ende zu, begann es plötzlich wieder zu beben. Doch dieses Mal schien es bei einem leichten Beben nicht zu bleiben. Dann erfolgte ein schriller Alarmton. Es bebte diesmal so stark, dass die Tassen, ja alles was sich auf den Tischen befand, zu tanzen anfing. Es wurde immer stärker, das Beben, und so langsam wurden die sich im Essenssaal befanden, nervös. Einige unserer Runde am Tisch, versuchten sich verzweifelt am Rand des Tisches festzuhalten. Zwecklos, denn das Mutterschiff begann, sich merklich zur Seite zu drehen und zwar so stark, dass durch die künstliche Schwerkraft, die an Bord wirkte, die Tische und auch die Stühle mitsamt denjenigen die auf ihnen saßen, in genau diese Richtung rutschten. Die Neigung des Mutterschiffes erfolgte nun so arg, dass man das Gefühl bekam, es habe vor, sich auf den Kopf zu stellen. Viele fingen zu schreien an, als die Erschütterungen noch mehr an Intensität zunahmen. Ein Chaos hoch zehn folgte sogleich. Sie stolperten, sie fielen wie kleine Spielbälle umher. Einige versuchten dümmlicherweise, den Essensraum fluchtartig zu verlassen, doch wohin sollten sie denn flüchten? Sie befanden sich doch in einem Raumschiff und nicht auf einer Oberfläche in einem Gebäude, wo sie sich hätten nach draußen retten können. Andere umklammerten sich, schupsten gegeneinander, so dass man den Eindruck gewann, es handele sich um ein Kampfschauspiel in einer frühgeschichtlichen Arena der Römer, und nicht um eine Panik. Wiederum schwächte sich das Beben ab und die entsetzten Gemüter beruhigten sich allmählich wieder. Unsere Runde war einige Meter von ihrem Tisch ringsherum verstreut. Katja und Norman lagen in einer Ecke des Saales eng umschlungen und natürlich fassungslos. Der Rest befand sich auch nicht weit. Gregor zum Beispiel hatte nur einen Stuhl gefunden um dessen Beine er sich klammerte und jammerte wie ein kleines Kind. Dann war das Beben völlig erloschen. So als hätte es nie stattgefunden. Allmählich beruhigten sich die Gemüter wieder und es war wieder still im Essenssaal geworden. Totenstille beherrschte nun den Saal. Sofort begannen einige, die Tische und Stühle wieder aufzuräumen, ja, sie wieder an ihren ursprünglichen Platz zu stellen. »He, sagt mal, hat irgendjemand von euch Lyr gesehen?«, fragte Susanne leise, fast ängstlich.

Alle verneinten schulterzuckend.

»Da, seht mal, was leuchtet da hinten unter dem Tisch?«, entdeckte Gregor. Sofort ging die gesamte Runde dorthin. Es war Lyr der Androide, der so leuchtete. Lyr lag auf seinem Rücken und leuchtete in allen nur erdenklichen Farben.

»Was hat er denn? Warum steht er denn nicht auf?«, fragte Sarah verständlicherweise.

»Er hat sich anscheinend verletzt.«, sagte Katja.

»Wahrscheinlich sind ihm ein paar Drähte durchgebrannt.«, machte sich Gregor mal wieder lustig.

»Gregor! Hör endlich mit deinem Geläster auf, sonst vergesse ich meine gute Erziehung und hau dir eine auf dein Schandmaul!«, warnte ihn Norman, der eigentlich kein gewaltsamer Mensch ist.

»Los, helfen wir ihm aufzustehen.«, schlug Katja vor. Was sie auch gleich in die Tat umsetzten.

Als Lyr dann endlich wieder auf seinen künstlichen Beinen zum Stehen kam, guckte er nicht schlecht. Von seinem Fall wusste er scheinbar nichts und offenbar kam er erst beim Aufstehen zu sich.

»Was ist geschehen? Warum haltet ihr mich denn fest?, fragte Lyr, sichtlich in seiner Emotionsmatrix verwirrt.

Was genau diesen Defekt auslöste, können wir dir auch nicht sagen, aber wenn, dann musst du während des Bebens beschädigt worden sein. Oder was meinst du?«, fragte Norman.

»Tja, da mögt ihr vielleicht Recht behalten. Ich werde mich testen und sofort meinen Hauptspeicher auf Fehler überprüfen. Ihr entschuldigt mich bitte für einen Augenblick, ja?«

»Aber natürlich, Lyr. Wir warten dann so lange.«, gab Katja Lyr zur Antwort.

Interessiert beobachtete die Runde Lyr bei seiner Selbstüberprüfung. Und schwupps, war er auch schon fertig.

»War das alles, Lyr?, wollte Gregor wissen.

»So beruhigt euch schon. Mit mir ist alles in Ordnung. Der Sturz hat nichts mit meinem fast kompletten Ausfall zu tun, soviel ist sicher. Doch muss ich zu meinem größten Bedauern feststellen, dass ich doch nicht so perfekt bin wie angenommen. Es gibt also doch etwas, was mich außer Gefecht setzen kann. Während des Bebens erfasste eine gewisse, mir noch unbekannte Strahlung, mein komplettes System.«, stellte Lyr zu seinem Bedauern fest.

»Du meinst, dass diese Strahlung dir einen Virus verpasst hat. So wie es auf unseren Computern auf der Erde öfter vorkommt?«, unterbrach Mary.

»Nicht ganz, aber so ungefähr.«, antwortete Lyr.

»So weit, so gut, Lyr, aber was mich noch viel mehr interessiert ist, woher eigentlich diese Strahlung kam. Kann es denn sein, dass es mit diesem unbekannten 'Weltraumtsunami' zu tun hat?«, fragte nun Norman beherzt nach.

»Nun, ich möchte euch diesbezüglich nicht in Aufregung versetzen, solange ich nichts Genaueres darüber weiß.«

Der Runde fiel auf, dass Lyr mal wieder etwas vor ihnen zu verbergen versuchte. Sie wussten nur allzu gut, dass Lyr es nicht böse meinte, etwaige Informationen zu verbergen. Meist tat er dies nur, wenn es Informationen waren, die die Runde in Aufregung versetzen könnten.

»Lyr, wir kennen dich doch. Du bist mit Abstand der schlechteste Lügner im gesamten Universum. Also, nun spann uns nicht auf die Folter und rück mit der Wahrheit raus.

»So sei es denn: Es ist etwas schreckliches geschehen. Dieses Beben, das wir gerade eben verspürten, stammte nicht, wie von mir angenommen, von einem Weltraum-Tsunami, sondern von einer sterbenden Welt.« Lyr senkte seinen Kopf und nach kurzem Zögern fing er schließlich zu erzählen an:

»Die Welt der Bhakunus ist vollständig zerstört worden. Ich weiß, dass dieses Volk euch nicht bekannt ist. Doch erlaubt mit bitte, euch ein bisschen von ihnen zu erzählen. Wir lernten das Volk der Bhakunus vor etwa 750 Erdenjahren auf einer unserer Expeditionen kennen. Sie waren uns von Anfang an friedlich gesinnt. In jener fernen Zeit befanden sich die Bhakunus, genau wie wir, auf einer Expedition. Und in den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich zwischen uns eine tiefe und innige Freundschaft. Zum Wohle aller tauschten wir unser Wissen aus und lernten so manches Neue und Nützliche dazu. Das einzige Handicap, das sich uns in den Weg stellte, war die enorme Entfernung, die zwischen ihrer und der unseren Welt lag. Also beschlossen wir, uns nur alle 30 Erdenjahre, und das abwechselnd, auf unseren Planeten zu besuchen. Ansonsten beschränkten wir uns auf einer Art mündlichen Signalsprache, die ihr aber mit der euren Art wie Funkwellen, Radiowellen, Impulse, usw. nicht vergleichen dürft. Und nun ist dieses Volk, die wir als unsere Freunde sahen, für alle Zeiten ausgelöscht. Unser gesamtes Volk befindet sich in tiefster Trauer.

» Oh.. Gott, was für ein grausames Schicksal doch dieses arme Volk ereilte.«, wandte Peter mit leicht zitternder Stimme ein.

Auch die anderen machten sich ernsthafte Gedanken darüber und sandten Lyr Blicke zu, die keinerlei Worte mehr bedurften. Ihre Gedanken kreisten ins Unbegreifliche. Sie konnten nicht verstehen, dass es Völker im Universum gab, die keinerlei Emotionen, also Gefühle und, wie wir Menschen es bezeichnen würden, Menschlichkeit, besaßen. Die so mir nichts, dir nichts, ganze Welten auslöschten, nur um an ihre Ressourcen und Bodenschätze zu gelangen, sozusagen plünderten. Nun, eine ganze Weile verharrte die gesamte Runde im tiefen und emotionalen Schweigen. Bis dann Katja Norman ansah um ihn schweigend zu bitten, diese Situation zu entspannen. Was Norman sogleich in Angriff nahm.

»He.. Leute so beruhigt euch doch. Ich bin der Meinung, wir gehen ein bisschen in den Aufenthaltsraum und lassen so richtig die Sau raus. Wir könnten doch die Spielautomaten so richtig zum Glühen bringen, na was meint ihr dazu? Und Norman wartete auf eine Reaktion.

»Ja, das ist eine ausgezeichnete Idee, Norman.«, warf Lyr nun in die Runde ein.

Der Rest der Gruppe schien nicht sehr viel von diesem Vorschlag seitens Norman zu halten, dennoch bejahten sie schweigend mit einem Kopfnicken. Dann machten sie sich geschlossen auf den Weg in dem Aufenthaltsraum.


*

Währenddessen auf Sinas, in der unterirdischen Stadt, wo sich der Feind, sozusagen die bis jetzt aggressivste Spezies, eine Art Ausgeburt der Hölle, in diesen Quadranten der Goderijaner einschlich:
 

Eines war den Dogon (Goderijanern) klar, diese Spezies hatte es nicht alleine auf den Planeten Sinas abgesehen, nein, er diente ihnen lediglich als Zwischenbasis, um einen weiteren Angriff auf Goderijan vorzubereiten. Von wo dieses bösartige Volk genau herkam wussten die Goderijaner bis heute nicht. Doch eines war bereits bekannt, sie verhielten sich wie Wanderheuschrecken oder Wanderameisen, die auf ihren Streifzügen von Quadrant zu Quadrant fremde Welten überfielen, systematisch alles Leben auslöschten, um zu plündern was ihnen nur zwischen die Finger geriet. So schnell wie sie kamen, so schnell verschwanden sie auch wieder, und was sie hinterließen, war Leid und Elend und völlig zerstörte und ausgebrande Planeten. Wie schon bekannt, war das Volk der Goderijaner kein gewalttätiges Volk, doch es blieb ihnen am Ende nur eines übrig, wenn sie überleben wollten, nämlich der Kampf der Verteidigung. Eine harte Zeit für das Volk der Goderijaner, sie hatten schon genug Probleme auf ihrem Planeten, mit einer Krankheit die sie selbst als die 'unendliche Traurigkeit' bezeichneten, mit der sie sich einst auf der Erde infiziert hatten und an der von Generation zu Generation immer mehr dieser Nachkommen verstarben.

Obwohl der Heilige Xarmax befahl, dass Gewalt nicht mit Gegengewalt vergolten werden soll, wird ihm am Ende, so kam auch der Hohe Rat zu dem Entschluss, nichts anderes übrig bleiben, als seine Welt und sein Volk zu verteidigen.

Der Anführer der Angreifer in der unterirdischen Stadt auf Sinas:

»Aheele loo Lupthaee illgolh haofehe ebt uftebwah, Goderijaner.

»Endlich ist es bald soweit und wir werden dieses primitive Volk der Goderijaner endgültig ausrotten und dieser Quadrant mit diesem Planeten wird bald uns gehören!





 Kapitel 17, Ankunft auf Goderijan

 Anfang und Kapitelübersicht
© 2012 by Peter Althammer

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